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Fast ein Wunder: Sich als Frau auf Ugandas politischer Bühne durchsetzen

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Foto: Cecilia Barbara Atim Ogwal [1]

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Aili Mari Tripp, Artikel-Corpus; Günther Lanier kurze Einleitung & Übersetzung, Ouagadougou 31. Jänner 2024[2]

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Für mich bleibt die Poetin, Aktivistin, Uni-Professorin und natürlich Feministin Stella Nyanzi der Stern am Himmel des ugandischen Widerstandes[3]. Doch seit sie ihre Heimat 2021 verlassen hat (zunächst ins benachbarte Kenia, 2022 dann nach Deutschland), ist es stiller um sie und ihre Aktionen geworden, die so wunderbar respektlos mit dem nahezu allmächtigen Museveni umgegangen waren. So ist es gut zu wissen, dass auch andere Frauen deutlich und überraschend oft erfolgreich Widerstand leisten[4].

Aili Mari Tripp, Politologie-Professorin[5] an der renommierten Wisconsin-Madison-Universität, hat am 25. Jänner 2024 in The Conversation einen Artikel über eine weitere dieser bemerkenswerten Frauen geschrieben, über Cecilia Atim Ogwal. Diesen Artikel finden Sie hier in meiner Übersetzung. Herzlichen Dank, Aili Tripp, für die Erlaubnis, Ihren Artikel für Radio Afrika und Africa Libre zu übersetzen!


Aili Mari Tripp mit von ihr geschriebenen Büchern 2019 [6]

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Cecilia Atim Ogwal – die unerschrockene ugandische Politikerin, die sagte, was sie dachte, und Konventionen in Frage stellte

https://theconversation.com/cecilia-atim-ogwal-a-fearless-ugandan-politician-who-spoke-her-mind-and-challenged-conventions-221880

Autorin: Aili Mari Tripp

Cecilia Barbara Atim Ogwal, eine von Ugandas am längsten dienenden weiblichen Parlamentsabgeordneten, ist am 18. Jänner 2024 im Alter von 77 Jahren gestorben.

Ogwal war eine Wegbereiterin, eine der stärksten, charismatischsten Oppositionsführerinnen und eine verlässliche Verteidigerin des Mehrparteiensystems, der Demokratie und der Menschenrechte. Bekannt hart und zäh, fürchtete sie sich nicht, führenden Männern der Regierungspartei oder auch ihrer eigenen Partei die Stirn zu bieten. Deswegen war sie in Uganda als die “eiserne Lady“ bekannt.

Während ich fast drei Jahrzehnte lang zu Gender und Politik in Uganda forschte, konnte ich ihre Laufbahn verfolgen und wie sie zu einer der stärksten Abgeordneten und einer Mentorin für jüngere Politikerinnen wurde. Diesen war sie ein Vorbild. Immer hat sie betont, wie wichtig es ist, Arbeit und Familie ins Gleichgewicht zu bringen.

Der ugandische Präsident Yoweri Museveni pries sie bei einer ihr zu Ehren nach ihrem Tod gehaltenen Zeremonie als eine wahre Patriotin[7]. Aber ihre Erfahrungen als Oppositionspolitikerin illustrieren die Herausforderungen, denen sich Regime-OpponentInnen in Uganda ausgesetzt sehen.

Zwölf Mal sei ihr nach dem Leben getrachtet worden, aber sie habe überlebt, zitierte sie 2014 die ugandische Zeitung The Observer. 2017 behauptete sie, dass Sicherheitsbeamte sie und ihren Ehemann verprügelt hätten, weil sie gegen die Annullierung des Alterslimits für Präsidentschaftswahlen in der Verfassung demonstriert hätten. Das Aufheben des Alterslimits erlaubte es Museveni, der damals sein fünftes Mandat absolvierte, sich nochmals um die Wiederwahl zu bewerben und prinzipiell ewig zu herrschen.

Frühe Pionierin

In den frühen 1960er Jahren war Ogwal das erste Mädchen, das an einem von der Kongregation der Comboni-Missionare[8] gesponserten Mathematik-Wettbewerb teilnahm.

Sie gewann ein Stipendium, das ihr erlaubte, die Gayaza High School zu besuchen, eines der ältesten ugandischen Mädchen-Internate. Sie war unter den ersten Katholikinnen, die in Gayaza zugelassen wurden. Sogar ihr Vater war zuerst einmal dagegen, dass sie diese von der (anglikanischen) Kirche von England gegründete Schule besucht.

Sie war in der Folge eine von vier Frauen, die probeweise in die Ostafrika-Universität aufgenommen wurde, die Vorläuferin der kenianischen Nairobi-Universität. Dort schloss sie 1970 mit einem Bachelor in Betriebswirtschaft[9] als Beste in ihrem Fachgebiet ab.

Ihre außergewöhnlichen Leistungen machten da aber nicht Halt. Nachdem sie 1965 Lameck Ogwal geheiratet hatte, verfolgte sie eine berufliche Karriere während sie sieben eigene und mehrere adoptierte Kinder großzog.

1979, in ihrem ersten Job, war sie unter anderem Verbindungsperson an der ugandischen Botschaft in Nairobi und half ugandischen Flüchtlingen in Kenia dabei, nach Idi Amins Sturz nach Uganda zurückzukehren. 1980 wurde sie Managerin im Handelsministeriumsbeirat[10].

1982 war sie beteiligt an der Gründung der noch heute bestehenden Wohnbaufinanzierungsbank (Housing Finance Bank). 1981 bis 1986 war sie die Vorsitzende des Vorstands der Uganda-Entwicklungsbank (Uganda Development Bank).

Aber erst, als sie sich der Politik zuwandte, verdiente sie sich mit ihrem Durchsetzungsvermögen und ihrer unverkennbaren Stimme den Spitznamen der “eisernen Lady“.

Eine Kriegerin für die Demokratie

In den frühen 1980er Jahren nutzte Ogwal erstmals ihre Führungsqualitäten in der Politik.

1985 bis 1992 fungierte sie als amtierende Generalsekretärin des Ugandischen Volkskongresses (Uganda People’s Congress). Sie nahm an der verfassungsgebenden Versammlung teil, die die 1995er Verfassung ausarbeitete.

Die parlamentarische Karriere Ogwals begann 1996. Bis 2005 vertrat sie die Stadtgemeinde Lira[11]. Außerdem war sie die ugandische Vertreterin im Panafrikanischen Parlament der Afrikanischen Union. 2011 wurde sie für das Forum für Demokratischen Wandel zur Vertreterin der Frauen für den Bezirk Dokolo[12] gewählt.

Einen ihrer wichtigsten Beiträge leistete sie beim Streichen des Artikels 252 aus der 1995er-Verfassung, welcher ein Mehrparteiensystem verunmöglichte. So half sie mit, sicherzustellen, dass das Land 2005 von einem De facto-Einparteien- zu einem Mehrparteiensystem überging.

Nachdem die Regierung in Nord-Uganda eine massive Militäroffensive gegen die Lord’s Resistance Army gestartet hatte, stürmte Ogwal, eine Langi aus dem betroffenen Gebiet, im November 2003 in Anwesenheit des Präsidenten aus einer Parlamentssitzung, verlangte von ihm eine Lösung des Konfliktes, wenn nötig sogar mit internationaler Hilfe.

Probleme machte ihr nicht nur die regierende Partei. Sie lehnte sich gegen den Ex-Präsidenten Milton Obote, Führer des Ugandischen Volkskongresses auf, als er die 1996er-Wahlen boykottieren wollte. Obote war im Exil gewesen und sie glaubte, dass er den Kontakt zur ugandischen Wirklichkeit verloren hatte. Sie argumentierte, dass ein Boykott die Opposition zerstören würde, wo sie sich gerade für ein Mehrparteiensystem einsetzten.

Ihre Meinungsverschiedenheiten mit der obersten Führungsriege des Ugandischen Volkskongresses spitzten sich in den frühen 2000er Jahren so zu, dass sie aus der Partei ausgeschlossen wurde. Ogwal schloss sich dann der damals wichtigsten Oppositionspartei an, dem Forum für Demokratischen Wandel. Sie bewarb sich um das Frauen-Mandat für Dokolo und dieses Amt übte sie von 2011 bis zu ihrem Tod aus.

Bei einer außerordentlichen Parlamentssitzung zu Ehren Ogwals[13] beschrieb die Parlamentsvorsitzende Anita Among diese Frau, die einst Fraktionsführerin der Opposition gewesen war, als eine im Parlament einende Kraft zwischen Regierung und Opposition.

Sie erinnerte daran, wie Ogwal in politischen Schlüsselmomenten als Vermittlerin gewirkt hatte, zum Beispiel, als sie nach der Wahl um den Vorsitz im Parlament die beiden Kontrahenten zusammenbrachte. Mehr als einmal mischte sie sich ein und brachte sich befehdende Abgeordnete dazu, das Kriegsbeil zu begraben. Dafür erwarb sie sich bei ParlamentarierInnen jedweder Couleur enormen Respekt und hatte sogar einen für sie reservierten Sitzplatz im Sitzungssaal.

“Wenn sie redet, sind alle still,“ fügte die Parlamentsvorsitzende hinzu. “Das ist die Cecilia Ogwa, die wir verloren haben.“


Frauengruppenmitglieder tanzen nach ihrem Meeting [14]

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Endnoten:

[1] Foto Anam Hilda. Als Datum ist der 18.1.2024 angegeben – der Todestag Cecilia Barbara Atim Ogwal, somit offensichtlich der Tag, an dem das Foto hochgeladen, aber nicht aufgenommen wurde. Leicht zugeschnitten GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cecilia_Ogwal.jpg.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] “Wie der Stern, den sie im Vornamen trägt, leuchtet Stella Nyanzi am Himmel des ugandischen Widerstands“, schrieb ich einleitend in Günther Lanier, Stellarer Widerstand. Feminismus gegen Ungerechtigkeit und Autoritarismus, jenseits aller Tabus, Ouagadougou (Africa Libre) 25.3.2020, https://www.africalibre.net/artikel/225-stellarer-widerstand-oder-feminismus-gegen-ungerechtigkeit-und-autoritarismus-jenseits-aller-tabus bzw. Solidarwerkstatt, Linz, ohne Datum, https://www.solidarwerkstatt.at/international/stellarer-widerstand. Zudem Wien (Radio Afrika TV) 25.3.2020 – da aber nicht mehr verfügbar.

[4] Siehe z.B. auch die 2018 verstorbene Mekatilili Wa Menza. Z.B. kurz in Günther Lanier, Wenn Widerstand wirkt: Mekatilili Wa Menza und Sarah Nyendwoha Ntiro, Ouagadougou (Africa Libre) 23.2.2022, https://www.africalibre.net/artikel/110-wenn-widerstand-wirkt bzw. Wien (Radio Afrika TV) 23.2.2022, https://radioafrika.net/wenn-widerstand-wirkt-mekatilili-wa-menza-und-sarah-nyendwoha-ntiro/.

[5] Genau genommen “Vilas Research Professor“, sie muss nicht unterrichten, kann sich aufs Forschen konzentrieren. Zu Aili Tripp siehe z.B. die Wikipedia-Einträge (auf Englisch ausführlicher als auf Deutsch) oder, in aller Kürze, https://theconversation.com/profiles/aili-mari-tripp-784798.

[6] Foto Reda benkhadra 11.10.2019, leicht zugeschnitten GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aili_M._Tripp_in_2019.jpg.

[7] Urn, Museveni honours Cecil Atim Ogwal, The Observer 23.1.2024, https://observer.ug/news/headlines/80348-museveni-honours-cecil-atim-ogwal.

[8] So der deutsche Name. Die direkte Übersetzung aus dem Englischen ergäbe “Kongregation der Verona-Väter“ (Verona Fathers). Anm. GL.

[9]Commerce“ entspricht wohl am ehesten unserer Betriebswirtschaftslehre. Anm. GL.

[10] Ihre Funktion war die einer “operations manager at the Uganda Advisory Board of Trade“. Dieser Beirat war dem Handelsministerium für das Genehmigen von nicht-ministeriellen Beschaffungen im Ausland verantwortlich. Anm. GL.

[11] Lira ist die wichtigste Stadt im Norden des Landes sowie der sie umgebende Distrikt. Anm. GL.

[12] Dokolo war 2005 aus Lira ausgegliedert worden. Anm. GL.

[13] ESTHER OLUKA, Arthur Arnold Wadero, Cecilia Ogwal: ‘Parliament’s uniting factor will be missed dearly’, Monitor 18.1.2024, https://www.monitor.co.ug/uganda/news/national/cecilia-ogwal-parliament-s-uniting-factor-will-be-missed-dearly–4496034.

[14] Und zwar in Bulambira im Bezirk Rubanda im Südwesten des Landes, Foto Kate Consavage/USAID in Africa 14.3.2018, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Uganda_Nutrition_(40911016405).jpg. Auswahl der Fotos: GL.

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