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Es werde Strom

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Foto: Warten auf den Beginn der Zeremonie [1]

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Günther Lanier, Ouagadougou 17. April 2024[2]

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Nigeria und Äthiopien und Südafrika und viele andere mehr sind betroffen. Afrikanische Länder ohne Stromausfälle sind privilegierte Ausnahmen. Kein Wunder also, dass es auch die Dreier-Allianz der Sahelstaaten trifft.

Doch nicht darum geht es heute, sondern um das Beheben einer prinzipielleren und gleichzeitig individuelleren und sehr oft weiblichen Stromlosigkeit.

Am Nordrand der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou haben Binnenflüchtlinge[3] in Pazani (auch Panzani) Unterschlupf gefunden, einem “non-loti“, wie in Burkina Faso die großteils von Armen bewohnten, (noch) nicht katastrierten Außenviertel genannt werden. Es handelt sich um informellen Unterschlupf, denn Lager wurde hier keines errichtet, jedeR schlägt sich durch, wie sie oder er kann.

Unter einem Hangar neben einer kleinen Moschee in diesem Pazani fand am Sonntag die feierliche Übergabe von fünf Solar-Kits an Binnenflüchtlingsfrauen statt. Dem winzigen Projekt – hoffentlich werden die BetreiberInnen Finanzierungen finden, um es auszuweiten – geht es um eine Grundausstattung mit Strom: ein Solarpaneel mit einer kleinen Batterie für ein bisschen Licht in der Nacht und zum Aufladen von Handys. Das Dunkel zu erhellen, ist gut für die Sicherheit. Den begünstigten Frauen ermöglicht es, am Abend länger zu arbeiten, ihren Kindern, länger Hausaufgaben zu machen. Und was die Kommunikation betrifft, haben wir im vorwöchigen Artikel[4] gesehen, wie überlebenswichtig soziale Netze sind, gerade in Zeiten der Krise.

Die Eltern von Jessica Gyébré arbeiten beide im mittleren Management der Sonabel, des staatlichen E-Werks. Dass sie Elektrotechnik studiert hat, ist also nicht ganz überraschend. Ihren Bachelor hat sie vor zwei Jahren fertig gehabt. Mittlerweile fehlt nicht mehr viel zum Master. Doch damit ist die heute fast 24-Jährige bei weitem nicht ausgelastet und so hat sie einen Verein gegründet, die “Botschafterinnen der Energie“. Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, hat sie sich bei ihrer Mutter abgeschaut, die seit über zwanzig Jahren in ihrem Heimat-Département Kongoussi gegen Exzision und für die Rechte der Frauen kämpft[5].

Ihr Pazani-Projekt haben Jessica & Co “Light Her“ getauft. Das entstammt zwar nicht der Sprache der Begünstigten, ist aber ein schöner Titel, bedeutet es doch “Zünde sie an“, “Erhelle sie“ oder sogar “Erleuchte sie“. Das Projekt war zugeschnitten auf den Internationalen Frauenclub, dessen Finanzierungen mit 762 Euro begrenzt sind[6].

Die Begünstigten sind alle Musliminnen. Jessica ist katholisch und ihre KollegInnen (ein junger Mann, alle anderen Frauen) sahen auch eher christlich aus, eine war richtiggehend sexy angezogen. Generell gibt es seit jeher zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen in Burkina keine Berührungsängste, das hat sich auch in letzter Zeit nicht geändert, obwohl seit gut zehn Jahren muslimischerseits aufgrund saudischer Investitionen ein rigoroserer Islam um sich greift. Bei der Zeremonie am Sonntag war jedenfalls klar zu sehen, wie weit weg religiöse Konflikte und noch viel mehr jeglicher Djihad vom Denken der ganz überwiegenden Mehrheit der Burkinabè ist.


links hinten oben zwanzig bunte solarbetriebene Lampen

Die fünf Solar-Kits wurden an vier kleine Frauengruppen übergeben – ein fünftes würde bei der Moschee bleiben, wo die Übergabezeremonie stattfand, würde dort der Gemeinschaft zur Verfügung stehen – Licht am Abend und die Möglichkeit, Handys aufzuladen. Schon vor dem Sonntag waren die Begünstigten im Umgang mit den Solar-Kits unterwiesen worden. Zusätzlich zu den Kits wurden zwanzig solarbetriebene Lampen verteilt.


deckellos gibt die Holzkiste den Blick auf ihr Inneres frei

Ein erstes Solar-Kit wurde drei Weberinnen übergeben. Nach einem kurzen Fußmarsch von vielleicht 500 Metern kamen wir bei deren Haus an. Solar-Paneel und die kleine Holzkiste mit Batterie und Anschlüssen für die Handys wurden übergeben und es gab kurze Reden mit viel Dank an die jungen Energie-BotschafterInnen und dann wurde viel fotografiert.

Ich war unterdessen abgelenkt. Am Boden sitzend, nahe der Mauer des kleinen Häuschens auf dem winzigen Grundstück arbeitete da inmitten der vielen Leute oder vielmehr zu ihren Füßen ein Mädchen fürs familiäre Mittagessen.

Mir schauderte es: Sie schnitt Zwiebel mit einer Rasierklinge. Oft ohne hinzuschauen. Ganz offenbar wusste sie aber sehr gut, was sie tat – sie hat sich nicht wehgetan. An der Sauberkeit des Resultats sind allerdings Zweifel erlaubt.

Zurück bei der Moschee wurde beschlossen, die anderen Solar-Kits unterm Hangar und nicht bei den begünstigten Frauen daheim zu übergeben. Nach abermaligen Dankesreden und Gruppenfotos war die Zeremonie dann schnell vorbei. Alle schienen mehr als zufrieden.

An den Füßen vieler Frauen war noch der Henna-Schmuck vom Ramadan zu sehen, der ein paar Tage zuvor gefeiert worden war.

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Viel Glück und viel Erfolg für weitere feine Projekte, Jessica & Co!

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Endnoten:

[1] Alle Fotos des heutigen Artikels Günther Lanier 14.4.2024, Pazani (auch Panzani) am Nordrand Ouagadougous.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Es gibt ihrer sehr viele in Burkina (wenn die allermeisten auch nicht bis in die Hauptstadt kommen). Vor einem Jahr waren es um die zwei Millionen, fast ein Zehntel der Gesamtbevölkerung. Seither werden keine Zahlen mehr veröffentlicht.

[4] Günther Lanier, homo NON oeconomicus, Ouagadougou (Africa Libre) 10.4.2024, https://www.africalibre.net/artikel/565-homo-non-oeconomicus bzw. Wien (Radio Afrika) 10.4.2024, https://radioafrika.net/homo-non-oeconomicus/

[5] Und die Petra Radeschnig und ich seit über zwanzig Jahren in diesem Kampf begleiten. So taucht Claire Gyébré auch immer wieder in meinen Artikeln auf und natürlich auch in meinem Burkina-Buch, dort im Kapitel 12: Günther Lanier, Land der Integren. Burkina Fasos Geschichte, Politik und seine ewig fremden Frauen, Linz (guernica Verlag) 2017 (nur beim Verlag erhältlich unter [email protected]).

[6] 500.000 Francs Cfa = 762,25 Euro. Zum Internationalen Club der Frauen in Ouagadougou (CLIF) siehe auch Günther Lanier, Frauenleben. Versuch einer Ehrung, Ouagadougou (Africa Libre) 20.3.2024, https://www.africalibre.net/artikel/562-frauenleben-versuch-einer-ehrung bzw. Wien (Radio Afrika) 20.3.2024, https://radioafrika.net/frauenleben-versuch-einer-ehrung/.

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