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Die vehementesten pro-demokratischen Bewegungen in Eswatini seit Jahren

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Das kleine Königreich Eswatini, vormals Swaziland, wird derzeit von schweren Protesten erschüttert, welche die Regierung brutal unterdrückt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International veröffentlichte am 2. Juli einen Bericht, in dem sie von schweren Menschenrechtsverletzungen wie Tötungen, Folter und Entführungen spricht. Mindestens 20 Menschen seien während der jüngsten Proteste durch staatliche Sicherheitskräfte getötet worden. Mindestens sechs weitere Menschen seien darüber hinaus während der Proteste zu Tode gekommen, so Amnesty International. Aktivist*innen der politischen Bewegungen Communist Party of Swasiland (CPS) und The People’s United Democratic Movement (PUDEMO) berichten gegenüber der Nachrichtenseite Al Jazeera von mindestens 40 Toten während der Ausschreitungen der vergangenen Woche. Der südafrikanische Nachrichtensender Newzroom Afrika spricht sogar von mindestens 60 Toten. Zudem wurden laut Amnesty International mindestens 150 Protestierende mit Schussverletzungen und anderen Verwundungen in Krankenhäuser eingeliefert.

Amnesty International fordert Regierung auf, exzessive Gewaltanwendung zu beenden

Deprose Muchena, Amnesty Internationals Direktor für das östliche und südliche Afrika, fordert die Regierung Eswatinis dazu auf, die brutale Niederschlagung der Proteste umgehend zu beenden. Darüber hinaus fordert Amnesty International die eswatinische Regierung dazu auf, sicherzustellen, dass die Bevölkerung das Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben könne. Zudem dringt die Menschenrechtsorganisation darauf, dass sämtliche Berichte über exzessive Gewaltanwendung seitens der Sicherheitskräfte unverzüglich, gründlich, unparteiisch, unabhängig und transparent untersucht werden müssten. Schließlich müsse allen Verdächtigen ein faires Gerichtsverfahren ermöglicht werden.

©emaswati_diaspora auf Instagram

Radio Afrika TV sprach letzte Woche mit einem bekannten Aktivisten aus Eswatini, der es wünscht, aufgrund der derzeitigen politischen Lage anonym zu bleiben. Er berichtet, dass die Regierung das Internet zeitweise abstellte, um eine Kommunikation zwischen den Protestierenden zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass Informationen über die derzeitige Lage in Eswatini nicht nach außen gelangen. Amnesty International fordert die Behörden in Eswatini umgehend dazu auf, die Ausfälle des Internets zu beheben, da dies die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit verletze. Laut Al Jazeera habe die Regierung in Eswatini zudem eine strikte Ausgangssperre eingeführt und den Flughafen sowie das öffentliche Nahverkehrsnetz lahmgelegt.

SADC Mission für Protestierende enttäuschend

Auch die Southern African Development Community (SADC) äußerte sich zu den politischen Unruhen in Eswatini. Am 2. Juli verkündete Mokgweetsi Masisi, Präsident von Botswana und Vorsitzender des SADC Organs für Verteidigung und Sicherheit Troika, dass SADC die gewaltvollen Ausschreitungen in Eswatini mit großer Sorge betrachte. In der Stellungnahme heißt es darüber hinaus, dass die Proteste zu einer großflächigen Zerstörung von Eigentum geführt hätten und zahlreiche Menschen verletzt worden seien. Ebenfalls wird in der Bekanntmachung davon gesprochen, dass mindestens eine Person getötet worden sei. Der derzeitige Zustand in Eswatini würde das normale Leben maßgeblich beeinflussen und die Covid-19 Strategien der Regierung erheblich behindern. Daher ruft SADC alle Gruppen und Organisationen in Eswatini dazu auf, jegliche Formen der Gewaltanwendung umgehend zu beenden. Zugleich werden die Sicherheitskräfte dazu aufgefordert, in ihren Bemühungen, Frieden und Ordnung in dem Königreich wiederherzustellen, zurückhaltender zu sein. Die von Amnesty International und Human Rights Watch beschriebenen Menschenrechtsverletzungen finden hingegen keine Erwähnung.

Am 4. Juli besuchte die SADC Troika Mission das Königreich Eswatini, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Dies verkündigte die Regierung am Sonntag auf Twitter. Gespräche mit dem König selbst hätten aber wohl nicht stattgefunden. Zahlreiche Bewegungen, wie das Swaziland Solidarity Network (SSN) zeigten sich enttäuscht über die SADC Bemühungen und kritisieren, dass die SADC-Mission „out of touch“ mit der tatsächlichen Situation in Eswatini sei.

Am Montag, den 5. Juli verkündigte der Premierminister Themba Masuku, dass es der Regierung gelungen sei, die Situation in Eswatini in den vergangenen Tagen zu stabilisieren. Die Sicherheitskräfte hätten Frieden und Ordnung in allen vier Regionen des Landes wiederhergestellt. Zudem forderte Masuku die Menschen in Eswatini auf, zur Arbeit zurückzukehren und alle Geschäfte, und Läden, die nicht durch die Proteste beschädigt worden seien, wiederzueröffnen.

Hintergrund: Studierender stirbt mutmaßlich durch Polizeigewalt

Der Aktivist aus Eswatini schilderte gegenüber Radio Afrika TV die Hintergründe der derzeitigen Proteste. Im Mai kam der 25-jährige Jurastudent Thabani Nkomonye durch mysteriöse Umstände zu Tode. Die Polizei ließ damals verlauten, dass Thabani bei einem Verkehrsunfall starb – kurz nachdem seine Leiche unweit seines Autos in der Nähe einer Polizeistation gefunden worden war. Aufgrund zahlreicher Unstimmigkeiten hinsichtlich der Todesursache wurde schnell die Theorie wahrscheinlicher, dass Thabani durch Polizeigewalt zu Tode kam. Aus diesem Anlass formierte sich in den sozialen Medien unter dem Hashtag #JusticeForThabani und in den Straßen Eswatinis eine breite soziale Bewegung, die eine lückenlose Aufklärung der Todesumstände des Studenten forderte. Diesen Protesten schlossen sich schnell zahlreiche junge Menschen an, deren bestehende Unzufriedenheit mit der politischen Situation in Eswatini durch den Tod Thabanis befeuert wurde.

Der Aktivist, mit dem Radio Afrika TV sprach, erläutert zudem, dass die Polizei später den Gedenkgottesdienst von Thabani gestört habe und Tränengas auf die Trauernden gefeuert habe – angeblich, weil Covid-19 Regularien verletzt worden seien. Die Covid-19 Krise habe in Eswatini die ohnehin bereits bestehenden sozioökonomischen Spannungen verstärkt. Am 23. Juni hat König Mswati III ein Dekret erlassen, welches das Einreichen politischer Petitionen verbiete. Auch unsere Quelle bestätigte, dass das Verbot politischer Petitionen nun der Funke gewesen sei, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Die Petitionen, die nun verboten worden sind, richten sich an die Regierung und rufen zu demokratischen Reformen auf.

Nach den anhaltenden Protesten der vergangenen Woche, ließ der amtierende Premierminister Themba Masuku verlauten, dass der Bann von Petitionen keineswegs bedeuten würde, dass Kritik gegenüber der Regierung ausgeschaltet werden solle. Gleichzeitig forderte er die Protestierenden dazu auf, Plünderungen und gewalttätige Ausschreitungen zu beenden. Am 1. Juli verkündete Themba Masuku, dass die Anschuldigungen über mutmaßliche Todesopfer während der Proteste derzeit seitens der Regierung geprüft würden.

Afrikas letzte Monarchie

In dem kleinen Königreich Eswatini, vormals Swasiland, leben 1,2 Millionen Menschen. Seit 35 Jahren wird Eswatini von König Mswati III per Dekret regiert. Er hatte mit 18 Jahren den Thron von seinem Vater König Sobhuza II übernommen hatte, der 1973 den Notstand ausrief und damit die Registrierung politischer Parteien verboten hatte. Stattdessen können Kandidat*innen in Eswatini nur individuell für parlamentarische Sitze kandidieren, was es unmöglich für eine politische Partei macht, die Mehrheit im Parlament zu erlangen. Der Premierminister wird in Eswatini direkt durch den König ernannt, der so die gesamte Exekutive kontrolliert.

Der König selbst hat sich bisher nicht zu den Protesten im Land geäußert. Vergangene Woche gab es Berichte, dass er Eswatini mit seinem Privatflugzeug verlassen habe, was jedoch kurz darauf von Premierminister Masuku dementiert wurde.

Menschen fordern politische Mitbestimmung und Reformen

Die Protestierenden fordern nun politische Mitbestimmung, demokratische Reformen sowie Job-Möglichkeiten in der kleinen absolutistisch regierten Monarchie. Es geht ihnen vor allem darum, dass das Land einen vom Volk gewählten Premierminister erhalte, der über exekutive Macht verfügt. Zudem fordern die Protestierenden ein Ende der extravaganten Ausgaben der Königsfamilie. Ein Großteil der nationalen Gelder würde direkt in die Taschen der royalen Familie fließen, während es in Eswatini an einer adäquaten Gesundheitsversorgung, Infrastruktur und finanziellen Aufstiegsmöglichkeiten mangele. Weitere konkrete Forderungen seitens der Protestierenden sind eine bezahlbare Gesundheitsversorgung für alle Bürger*innen, ein gesetzlicher Mindestlohn, der Baustopp eines neuen Parlamentes sowie der Rückzug der Kinder und Angehörigen des Königs aus politischen Positionen und Vorständen.

59% der Bevölkerung Eswatinis leben laut Weltbank unterhalb der Armutsgrenze. Zudem hält Eswatini den traurigen Rekord der Länder mit der höchsten HIV-Rate weltweit. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen befindet sich der kleine Staat im südlichen Afrika auf Platz 141 von 180.


Ein großer Dank geht an Madeleine Lang, die Radio Afrika TV mit Kontakten und Informationen aus Eswatini unterstützte.

Das Titelbild wurde von emaswati_diaspora mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt. ©Vuyiswa Maseko.

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