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Nein, kein Rassismus

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… gerade einmal zehn Zentimeter lang [1]

* * *

Günther Lanier, Ouagadougou 8. Mai 2024[2]

* * *

Vor allem in meiner ersten Zeit hier in Burkina Faso vor jetzt mehr als zwanzig Jahren stieß es mir immer wieder unangenehm auf: Weiße Expats, meist aus der Entwicklungszusammenarbeit, beklagten sich, dass sie vonseiten Einheimischer regelmäßig aufgrund ihrer Hautfarbe Opfer von Rassismus seien und sie erzählten Zwischenfälle, die das belegten.

Da ist jemand so “gut“, “Heim und Hof“ zu verlassen und in die weite Fremde zu ziehen, sich für die radikal “Anderen“ zu engagieren, für diese armen “Schwarzen“, bemüht sich tagaus tagein, für ihr Wohl zu arbeiten – und dann ist das der Lohn!

Ich bezweifle, dass sich diese Klagen in der Zwischenzeit vermindert haben – ich höre sie nur nicht mehr, weil ich mit solchen Expats wenig Kontakt habe. Und wenn, dann wissen sie, dass ich “übergelaufen“ bin.

Doch die Ewigzukurzgekommenen haben und hatten Unrecht, ich lag richtig mit meinem Unwohlgefühl – von dem ich dachte, dass es daher kam, dass diese sich beklagenden Weißen undankbar waren, angesichts ihrer Rundum-Privilegiertheit (Dienstvilla, Hauspersonal, Dienstwagen…) ihren Fokus auf Anderes richten sollten als darauf, wie “arm“ sie trotzdem seien.

Doch nein, es handelt sich um viel Prinzipielleres: Es gibt keinen Revanche-Rassismus.

Rassismus war & ist & bleibt weiß

“Angesichts seines Entstehungskontexts ist Rassismus als weiße Ideologie zu verorten. Folglich ist die Annahme irrig, dass Ausgrenzung oder Diskriminierung, die Weiße von Schwarzen erfahren, rassistisch bzw. ‘umgekehrt rassistisch’ sei. Zur Beschreibung solcher Prozesse ist Rassismus als Begriff untauglich. Wenn Schwarze Weiße als Weiße markieren oder ihnen bestimmte Attribute zuschreiben, repräsentiert dies ein Reservoir von Strategien zur Abgrenzung oder des Widerstandes, das sich auch der Codes und Kategorien dieser weißen Erfindung bedienen kann.“[3]

Ich lese gerade das exzellente Buch “Wie Rassismus aus Wörtern spricht“. Dieses Zitat – genauso wie das folgende – ist von einer seiner beiden Herausgeberinnen, Susan Arndt[4].

“Bei Rassismus handelt es sich, wie ich zusammenfassen möchte, um eine europäische Denktradition und Ideologie, die ‘Rassen’ erfand, um die weiße Rasse mitsamt des Christentums als vermeintlich naturgegebene Norm zu positionieren, eigene Ansprüche auf Herrschaft, Macht und Privilegien zu legitimieren und sie zu sichern. Diese historisch gewachsene und im Laufe der Jahrhunderte ausdifferenzierte Ideologie produzierte und produziert rassistisches Wissen, hat sich ebenso facettenreich wie wirkmächtig in Glaubensgrundsätze, (Sprech)Handlungen und identitäre Muster eingeschrieben und sich – unabhängig davon, ob Weiße dies anerkennen oder nicht – die Welt passfähig geformt.“[5]

Einst Fundament der kolonialen Eroberung der Welt, wurde der Rassismus mit dem Ende kolonialer (und Nazi-) Herrschaft mitnichten überwunden, sondern bleibt auch in neo- und postkolonialen Zeiten Basis der Hierarchien und Ordnungen im Weltsystem.

Die offizielle Anerkennung rassistischer Verbrechen – z.B. deutscherseits des Genozids an Herero und Nama Anfang des 20. Jahrhunderts – wäre ein wichtiger Schritt.

Für eine wirkliche Überwindung des Rassismus wäre aber wohl tatsächlich eine “Revolutionierung globaler Machtverhältnisse“[6] nötig.

Dass es sehr vielen einfach reicht, es für solch grundsätzliche Neuerungen überraschend viel Unterstützung gibt, haben z.B. rezente Entwicklungen in den Sahelstaaten Mali, Niger und Burkina Faso gezeigt.


selbiger kleiner Igel, durchaus wehrhaft [7]

* * *

Endnoten:

[1] Foto GL 8.5.2024 am Ostrand von Ouagadougou.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Susan Arndt, Nadja Ofuatey-Alazard (Hg.), Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster (Unrast Verlag) 2019, p.42. Hier wie in der Folge Hervorhebungen im Zitat (Kursivschreibung) durch die Autorin.

[4] Ich empfehle bei der Gelegenheit auch ein anderes von Susan Arndt mitherausgegebenes Buch: Susan Arndt, Antje Hornscheid (Hg.), Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagwerk, Münster (Unrast) Erstauflage 2009 – 3., unveränderte Auflage 2018.

[5] Susan Arndt, Nadja Ofuatey-Alazard (Hg.), Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster (Unrast Verlag) 2019, p.43.

[6] Ebd.

[7] Foto GL 8.5.2024.

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