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Osun-Osogbo Sacred Grove – Heiliger Hain der Göttin Osun

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Günther Lanier, Ouagadougou, 13.1.2021

Osogbo ist die Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaates Osun. Osogbo liegt etwa 200 km nordöstlich von Lagos, auf 7°46′ nördlicher Breite und 4°34′ östlicher Länge.

Der Bundesstaat Osun wurde 1991 von Oyo (Hauptstadt Ibadan) abgespalten. In beiden Bundesstaaten dominieren die Yoruba – Yoruba-SprecherInnen stellen etwa ein Fünftel von Nigerias EinwohnerInnen.

Osun ist auch ein Fluss, der von Osten kommend durch Osogbo fliesst, dann nach Südwesten und Süden dreht und östlich von Lagos in den Atlantik[1] mündet.

Seinen Namen hat der Fluss von der Göttin Osun, eine der wichtigsten der Orishas, der Yoruba-Gottheiten. Die Welt wurde von Olorun geschaffen, doch diese Gottheit[2] ist für die Menschen unerreichbar – hingegen sind die Orishas menschennah. Der Göttin Osun kommt unter ihnen eine herausragende Stellung zu[3]. Sie wird alljährlich im August zwei Wochen lang mit einem Festival im Heiligen Hain von Osun-Osogbo verehrt[4].

Diese Feier der Schönheit, der Fruchtbarkeit und der Künste soll seit 700 Jahren stattfinden. Damals hat die Göttin einer Gruppe von MigrantInnen[5] – es waren Wirtschaftsflüchtlinge, eine Hungersnot hatte sie von daheim bis an die Osun-Ufer getrieben – einen Handel vorgeschlagen: Sie bot Schutz und Wohlstand für die SiedlerInnen in Osogbo gegen das Versprechen eines jährlichen Opfers. Das Angebot wurde freudig angenommen.

 [6]

“Der dichte Wald des Heiligen Hains von Osun am Rand der Stadt Osogbo ist eines der wenigen Überbleibsel des Primärhochwaldes im südlichen Nigeria. Er gilt als Wohnort der Fruchtbarkeitsgöttin Osun, eine Gottheit des Yoruba-Pantheons. Der Hain und sein mäandernder Fluss sind voll mit Heiligtümern und Schreinen, Skulpturen und Kunstwerken zur Verehrung Osuns und anderer Gottheiten. Der Heilige Hain, heute ein Symbol für die Identität aller Yoruba, ist wahrscheinlich der letzte der Yoruba-Kultur. Er zeugt von der einst weitverbreiteten Praxis, außerhalb der Siedlungen heilige Haine einzurichten.“[7]

Seit 2005 ist der Heilige Hain Unesco-Weltkulturerbe.

 [8]

Der Heilige Hain ist jedoch nicht nur ein Ort jahrhundertelanger Tradition, sondern auch moderner Kunst:

”Osogbo ist insofern einzigartig, als es über eine bedeutende Komponente von Skulpturen aus dem 20. Jahrhundert verfügt, die die Verbindung zwischen den Menschen und dem Yoruba-Pantheon stärken, und die zeigen, wie das Gründen und die Entwicklung von Yoruba-Städten mit der Spiritualität der Wälder[9] zusammenhing.
Das Restaurieren durch KünstlerInnen hat dem Hain einen neue Bedeutung verliehen: Er ist zu einem heiligen Platz für das ganze Yoruba-Land geworden und zu einem Identitätssymbol für die weltweite Yoruba-Diaspora.
Der Hain ist ein aktiver Kultplatz, wo täglich, wöchentlich und monatlich Andacht stattfindet. Dazu kommt ein jährliches Festival mit seinen Prozessionen, das während zwölf Tagen im Juli und August die mystische Verbundenheit zwischen der Göttin und den Leuten der Stadt wiederherstellt und so die Traditionen der Yoruba am Leben erhält.
Außerdem ist der Hain eine natürliche Kräuter-Apotheke mit mehr als 400 teils endemischen Pflanzen, von denen mehr als 200 in der Medizin verwendet werden.“[10]

 [11]

Der Höhepunkt des jährlichen Festivals ist eine große Prozession zum Fluss. Die Hauptrollen spielen dabei die Iya Osun (die wichtigste Priesterin der Göttin Osun), der Oba (~König) von Osogbo und die Arugba, eine Jungfrau, die in einer Kupferschüssel (Igba Osun) die heiligen Objekte ans Flussufer befördert. Die Arugba wird per Divination ausgewählt und dann für ihre Aufgabe sorgfältig vorbereitet. Bevor am Tag der Prozession die Kupferschüssel auf ihrem Kopf platziert wird, nimmt sie zwei Kolanuss-Hälften in den Mund – sie werden sie am Sprechen und vor allem am Fluchen hindern. Denn alles, was sie mit der Igba Osun auf ihrem Kopf sagt, wird unweigerlich Wirklichkeit[12].

Hier der Willkommensbogen (Welcome Arc), durch den die Arugba jedes Jahr mit ihren heiligen Objekten Richtung Fluss und zum Osun-Tempel schreitet:

 [13]

Die Unesco schreibt dann des Weiteren: “Die Gründung der Bewegung der Neuen Heiligen Kunst[14] und die Aufnahme der österreichischen Künstlerin Susanne Wenger in die Yoruba-Gemeinschaft haben zu einem fruchtbaren Ideen-Austausch geführt, der den Heiligen Osun-Hain wiederbelebt hat.“[15]

Ja, eine Grazer Künstlerin wurde zur zentralen Figur der Rettung des Heiligen Hains von Osogbo. Am 4. Juli 1915 geboren, studierte sie an der Bildenden in Wien Malerei. Nach dem Zweiten Weltkrieg Mitarbeiterin der KP-Kinderzeitschrift “Unsere Zeitung“, gestaltete sie unter anderem das Titelbild von deren Erstausgabe. Über Italien und die Schweiz zog sie weiter nach Paris, wo sie 1949 den Sprachwissenschafter Ulli Beier kennenlernte. Letzterem war ein Job an der Universität in Ibadan angeboten worden. Da die Stelle für Verheiratete ausgeschrieben war, heirateten die beiden. Dann übersiedelten sie nach Nigeria – mit dem Auto, durch’s Atlas-Gebirge und die Sahara. Anfang 1950 kamen sie in Ibadan an. Nigeria würde noch 10 Jahre britische Kolonie bleiben.

 [16]

Von Ibadan zogen Susanne Wenger und Ulli Beier bald weiter nach Ede, westlich von Osogbo. Dort lernte Susanne Wenger den Obatala-Priester Ajagemo kennen (Obatala ist ein Orisha wie Osun), der ihr Mentor und “Guru“ wurde und sie in die Yoruba-Sprache und -Kultur einführte. Sie wurde schließlich selbst zur Obatala-Priesterin, später wurde sie auch in die Sopona-Gesellschaft (Sopona ist ein weiterer Orisha) initiiert sowie in den Ogboni-Bund, der dem Kult der AhnInnen sowie Erdgeister dient, den Gründervätern und -müttern der Yoruba-Gesellschaften.

1957 zog Susanne Wenger mit Ulli Beier in das in “brasilianischem Stil“ erbaute Haus in der Ibokun-Straße in Osogbo, in dem sie bis zu ihrem Tod am 12. Jänner 2009 leben würde[17].

 [18]

“Susanne Wenger kombinierte den ‘kubistischen zeitgenössischen’ Stil ihrer Pariser Kunst-Erfahrungen mit den traditionellen Yoruba- Erzählmustern. Als Yoruba-Priesterin, Olorisha, initiiert, war sie umfassend von der Poesie, Mythologie und Religion der Yoruba erfüllt, ohne jemals zu leugnen, dass sie in jeder Hinsicht eine zeitgenössische Künstlerin war.“ [19]

Ab 1958 betätigte sich Susanne Wenger als “Restauratorin“ sakraler Yoruba-Kultur. Als solche wurde sie in der Folge weltbekannt.

Hier von Adunni Olorisha geschnitzte Figuren im Hain bei Osogbo:

 [20]

Für den Rest des Artikels bitte ich meine LeserInnen zu einer kurzen Fortsetzung des fotografischen Rundgangs durch den Heiligen Hain.

 [21]
Skulpturen im Heiligen Hain

 [22]
BewohnerInnen des Heiligen Hains

 [23]
Weitere Figuren

 [24]
Detail einer Skulptur

 [25]
Skulpturen

 [26]
Tempel im Heiligen Hain

 [27]
Statue

Möge uns unsere Wirklichkeit, sei sie jetzt mit Lockdown oder ohne, so phantasievoll behandeln wie die Göttin Osun ihre Yoruba in Osogbo!

***

Endnoten:

[1] Genauer genommen in die Lekki-Lagune, die die Lagos-Lagune nach Osten verlängert. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Osun_(Fluss)#/media/Datei:SW_Nigeria_OSM.png.

[2] Das Geschlecht Oloruns ist unbestimmt.

[3] Osun wird auch jenseits des Atlantiks verehrt, insbesondere in Brasilien (Candomblé) und Kuba (Santería).

[4] Das dem Artikel vorangestellte Foto zeigt Skulpturen im Heiligen Hain, Foto Tosin Odunfa 20.5.2018, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Sacred_Grove_Forest_-_Sculptures_-Tosin_Odunfa.jpg.

[5] Angeführt wurden sie von Olutimehin, einem großen Jäger.

[6] Im Heiligen Hain am Osun-Fluss. Foto ChuksToluObu 18.7.2016, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:River-SideShrineAndSacredGroveOfOsun.jpg.

[7] Einleitung zu der der Osun-Osogbo Sacred Grove gewidmeten Unesco-Seite. Übersetzung GL, http://whc.unesco.org/en/list/1118/.

[8] Foto Yusuf haruna iliyasu indabawa 1.6.2018, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Grove_2018.jpg.

[9] Die direkte Übersetzung der “spirits of the forest“, die “Geister des Waldes“, klingt lächerlich.

[10] Ausschnitt aus der dem Hain gewidmeten Unesco-Seite. Übersetzung GL, http://whc.unesco.org/en/list/1118/.

[11] Der erste für den Oba (~König) von Osogbo gebaute Palast. Foto Cheeka 2.0 am 27.9.2017, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:First_palace_of_the_king_osogbo_at_the_osun-osogbo_sacred_grove.jpg.

[12] Siehe Joseph M. Murphy, Mei Mei Sanford (Hg.), Osun across the Waters: A Yoruba Goddess in Africa and the Americas, Bloomington (Indiana University Press) 2001, pp.57f. Teilweise auf Google Books verfügbar.

[13] Foto Yeniajayiii 21.9.2016, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Welcome_ark_of_the_sacred_Grove_Of_Oshun.jpg.

[14] Die Kunst ist heilig, nicht die KünstlerInnen, insofern habe ich den von der Unesco hier verwandten Ausdruck “Movement of New Sacred Artists“ abgewandelt.

[15] Mit “Kriterium (ii)“ überschrieben. Auf der dem Hain gewidmeten Unesco-Seite. Übersetzung GL, http://whc.unesco.org/en/list/1118/.

[16] Porträt Susanne Wengers in Osogbo, Foto Gert Chesi 1.1.1978 (auf derselben Wikimedia-Seite heißt es auch “circa 1978“), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Susanne_Wenger.tif.

[17] Zur Biographie Susanne Wengers siehe insbesondere www.susannewenger-aot.org/wp-content/uploads/2014/12/Biography.pdf.

[18] Susanne Wengers Haus, Foto Yeniajayiii 21.9.2016, überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Adunni_Olorisha_House_at_the_Sacred_Grove_Of_Osun.jpg.

[19] https://susannewengerfoundation.at/de/susanne-wenger-foundation.

[20] Foto Yeniajayiii 21.9.2016, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Adunni_Olorisha_carvings_at_the_Sacred_Grove_Of_Oshun.jpg.

[21] Foto Profgkay 12.9.2016, überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Groove_5.jpg.

[22] Foto Vitus Emmanuel Nnaemeka 10.5.2019, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Sacred_Grove_forest_Osogbo.jpg.

[23] Foto ABORISADEADETONA 17.9.2019, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_festival.jpg.

[24] Foto Jamie Tubers 15.1.2016, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Grove10.jpg.

[25] Foto Jamie Tubers 15.1.2016, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osun_Grove.jpg.

[26] Foto Alex Mazzeto (Unesco) 19.12.2004, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Templo_Osun3.jpg.

[27] Foto Kaizenify 21.9.2016, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_statue_at_Shrine_and_Sacred_Grove_Of_Osun_12.jpg.

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