Süd-Sudan; das Foto ist aus 2022 – auch derzeit sind katastrophale Überschwemmungen zugange und es dürfte noch ärger werden, weil weiter oben am Weißen Nil Staudämme Wasser ablassen müssen, so voll sind sie [1]
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Günther Lanier, Ouagadougou 11. September 2024[2]
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Dass AfrikanerInnen nur in sehr geringem Maß zu den VerursacherInnen des Klimawandels gezählt werden können, aber unverhältnismäßig unter ihm leiden, ist mittlerweile Allgemeinwissen.
Wer genauer über steigende Temperaturen, Niederschläge, Meeresspiegel, Extremwetterereignisse, Auswirkungen auf Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit u.a.m. auf dem afrikanischen Kontinent informiert werden will, kann sich den am 2. September 2024 zu Afrika publizierten Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)[3] zu Gemüte führen – dessen AutorInnen schätzen u.a., dass der Klimawandel afrikanischen Ländern durchschnittliche Verluste in Höhe von 2 bis 5% ihres BIP beschert.
So weit, so schlimm.
Doch lässt sich sagen, welche afrikanischen Länder am stärksten und welche relativ weniger gefährdet sind?
Eine vor allem wegen ihrer Forschung renommierte US-amerikanische Uni unternimmt diesen Versuch. Die University of Notre Dame, eine katholische Privatuniversität etwa hundert Kilometer östlich von Chicago, genauer gesagt ihre Globale Adaptierungsinitiative (Global Adaptation Initiative/GAIN), veröffentlicht alljährlich den ND-GAIN-Länder-Index[4].
In diesem Index werden Daten aus zwei Jahrzehnten zu 45 Indikatoren verarbeitet[5] und auf dieser Basis werden 187 Länder gereiht (also nicht nur afrikanische). Dabei geht es einerseits um deren Verletzlichkeit gegenüber dem Klimawandel und andererseits um ihre Bereitschaft und Fähigkeit, sich den geänderten Umständen anzupassen, zu adaptieren, wir könnten von Widerstandskraft oder moderner von Resilienz reden.
Was die Verletzlichkeit betrifft, sind die berücksichtigten Sektoren Wasser, Nahrung, Gesundheit, Ökosysteme, menschlicher Lebensraum (human habitat), Küstenschutz- und Transport-Infrastruktur sowie Energie.
In Sachen Widerstandskraft, dem Mobilisieren von Investitionen zur Adaptation, werden insbesondere die wirtschaftlichen Möglichkeiten untersucht, Governance und soziale Strukturen[6].
Dürre in Kulaley, Wajir County, Nordost-Kenia [7]
Hier nun das ND-GAIN-Ranking für die afrikanischen Staaten – sie sind zuerst nach dem Ausmaß der Gefährdung geordnet (die gefährdetsten zuerst), dann alphabetisch.
Wie bei anderen Indizes gilt auch hier: Die in der Tabelle aufscheinenden Index-Werte haben an sich wenig Aussagekraft – je näher ein Land bei 100 liegt, umso weniger ist es gefährdet, je näher bei 0, umso mehr.
Die Werte dienen vor allem der Reihung. Beim Vergleich der Werte unterschiedlicher Jahre ließe sich auch eine Aufwärts- oder Abwärtsentwicklung feststellen.
Hier nun dieselbe Tabelle, wobei die Länder alphabetisch geordnet sind, damit sie leichter zu finden sind.
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Unter den zwölf am ärgsten betroffenen Ländern rangieren nur zwei nicht-afrikanische (Afghanistan ist am siebt- und Haiti am elft-ärgsten betroffen).
Am wenigsten verletzlich gegenüber dem Klimawandel und am besten gerüstet für die Anpassung sind Norwegen, Finnland und die Schweiz. Deutschland ist im ND-GAIN-Rating auf Platz 8 zu finden, Österreich auf Platz 10, die USA ex aequo mit Frankreich auf Platz 14.
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Endnoten:
[1] Der Name des Fotos deutet darauf hin, dass die fotografierte Überschwemmung in Aburoc, Fashoda County, Upper Nile State stattfand. Foto Mayai1989 am 17.2.2022, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aburoc.jpg. Zur derzeitigen Situation im Südsudan siehe z.B. Florence Miettaux, Le Soudan du Sud se prépare à une aggravation des inondations après l’ouverture des barrages du Nil, RFI 8.9.2024, https://www.rfi.fr/fr/afrique/20240908-le-soudan-du-sud-se-pr%C3%A9pare-%C3%A0-une-aggravation-des-inondations-apr%C3%A8s-l-ouverture-des-barrages-du-nil/.
[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!
[3] World Meteorological Organisation (WMO), State of the Climate in Africa 2023. WMO-Nr.1360, publiziert am 2.9.2024, herunterladbar auf https://library.wmo.int/records/item/69000-state-of-the-climate-in-africa-2023.
[4] Siehe https://gain.nd.edu/our-work/country-index/rankings/.
[5] Ich habe Erfahrung im Entwickeln und Gebrauch von Indizes – für Länderrisiko in meinen Bankjahren, später für FGC (Female Genital Cutting) für die Unicef. 45 Indikatoren ist sehr viel – ohne den guten Ruf der ND-Uni wäre ich skeptisch. Da ich kein Klima-Experte bin, kann ich die Güte des Indexes nicht überprüfen. Für Methodologisches siehe https://gain.nd.edu/our-work/country-index/methodology/ sowie https://gain.nd.edu/our-work/country-index/methodology/indicators/.
[6] Siehe https://gain.nd.edu/our-work/country-index/methodology/sectors/.
[7] Von Kulaley ist es nicht weit zur somalischen Grenze. Foto Oxfam East Africa 7.7.2011, leicht zugeschnitten GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Oxfam_East_Africa_-_Kulaley_village.jpg.