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Freund oder Feind? – Afrikanische Staaten müssen ihre Beziehungen zu Russland neu abwägen

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Der leere Saal der UN-Vollversammlung

Der Krieg gegen die Ukraine stellt Russlands Beziehungen zu afrikanischen Staaten auf die Probe. Während sich Kenia mit der Ukraine solidarisiert, hält die südafrikanische Regierung an einer neutralen Vermittlerrolle fest. Diese unterschiedlichen Haltungen haben historische Ursachen.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa reicht Putin die Hand – vor der Statue des Freiheitskämpfers Mandela

28:26 stand es zuletzt auf dem afrikanischen Kontinent. Im Votum der UN-Vollversammlung zur Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine macht sich eine Spaltung der politischen Haltungen bemerkbar: 17 afrikanische Länder enthielten sich, 8 erschienen nicht zur Abstimmung, das ost-afrikanische Eritrea stimmte sogar gegen die Resolution. Nur etwas mehr als die Hälfte der 54 afrikanischen Mitgliedsstaaten votierten für einen sofortigen Abzug russischer Truppen und verurteilten den Krieg somit als völkerrechtswidrigen Angriff.

In Südafrika begründet Präsident Ramaphosa die Enthaltung seines Landes mit seiner diplomatischen Haltung. Eine einseitige Verurteilung würde den Konflikt mit Russland nur verschärfen. Er schreibt der NATO und ihrer Expansionspolitik Mitverantwortung an der russischen Invasion zu.(1) Der Krieg sei zwar ein Bruch des internationalen Rechts und der Gebrauch von Gewalt könne nicht entschuldigt werden, die neutrale Position wolle Südafrika dennoch nicht aufgeben. Demnach beteiligt es sich, wie viele afrikanische Länder, nicht an den gegen Russland verhängten Sanktionen. Die wirtschaftlichen Maßnahmen seien einseitige Aggressionen der Mächtigsten, die sich zum Nachteil von Entwicklungsländern auswirkten und darüber hinaus eine friedliche Konfliktlösung verhinderten.(2)

Der Krieg sei nur durch Dialog zu beenden sagt Ramaphosa und sieht Südafrika dabei in der Rolle eines Mediators. Südafrika unterhält sowohl zu Russland als auch zur Ukraine wirtschaftliche Beziehungen. Mit Wladimir Putin war Ramaphosa bereits im Gespräch und wäre auch zum Dialog mit dem ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, bereit.

Apartheid in Südafrika: Proteste gegen das rassistische Unrechtsregime (1980er Jahre)

Eine historische Freundschaft

Russland und Südafrika verbindet eine Freundschaft, die eng mit den anti-kolonialen Befreiungskämpfen und dem Ende der Apartheit verknüpft ist. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte in Südafrika ein Regime der politischen Rassentrennung, das immer massiver das Leben der Schwarzen Bevölkerungsmehrheit einschränkte. Während die Westliche Welt zögernd zusah, unterstützte die Sowjetunion bereits seit 1960 die Widerstandsbewegungen, die im Untergrund gegen das Apartheid-Regime arbeiteten. Südafrikanische Menschenrechtsaktivisten und Freiheitskämpfer des Africa National Congress (ANC) um Nelson Mandela standen im engen Kontakt mit der Regierung der Sowjetunion. Auch anti-koloniale Organisationen in Angola und Namibia erhielten Unterstützung durch Waffen und militärische Beratung.

Eine prominente Figur im Kampf gegen die Apartheid ist Oliver Tambo. Zusammen mit Nelson Mandela und Walter Sisulu gründete er die ANC Youth League. Bis zu seinem Tod 1993 – zwei Jahre vor den ersten freien Wahlen – war er der Präsident der Widerstandsbewegung, die nun zur Regierungspartei wurde. Tambo organisierte die militärische Ausbildung südafrikanischer Freiheitskämpfer in Tansania. Nach einem privaten Treffen mit dem zu dieser Zeit amtierenden Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, ist Tambo überzeugt von den sowjetischen Zusicherungen: Sie seien frei von eigennützigen Machtinteressen. „Wir sind aus diesem Treffen gestärkt hervorgegangen, weil wir wussten, dass die Sowjetunion im Kampf für ein geeintes, demokratisches und rassenfreies Südafrika, ein unabhängiges Namibia und eine friedliche Region des südlichen Afrikas fest an [unserer] Seite steht.”(3)

Viele dieser von der Sowjetunion unterstützten Befreiungsbewegungen kamen nach der Unabhängigkeit und dem Ende der Apartheid als politische Parteien an die Macht – und sind es bis heute. Auf der Grundlage der gemeinsamen Geschichte besteht eine solidarische Haltung und enge Freundschaft zu den ehemaligen Unterstützern, die jetzt auf Russland übertragen wird.(4)

Russland sucht Unterstützer – auch in Afrika

Doch die Beziehungen zur Sowjetunion seien nicht gleichzustellen mit den afrikanisch-russischen Beziehungen heute, erklärt ein Sprecher im kenianischen Fernsehen.(5) Seit einigen Jahren sucht Russlands Präsident Putin vermehrt Unterstützung auf dem afrikanischen Kontinent. Im Jahr 2019 lud er zum ersten Russland-Afrika-Gipfel nach Sotschi ein, ein Versuch, die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen auszubauen. Besonders in Krisenregionen wie der Zentralafrikanischen Republik und Mali ist Russland als Waffenlieferant und durch Militäroperationen präsent – viele davon umstritten.(6) Doch als Handelspartner bleibt Russland für die meisten Regionen in Afrika ein Akteur von geringerer Bedeutung als China oder der Westen.

Mehr als die Hälfte der afrikanischen Staaten kritisieren den russischen Angriffskrieg. Der kenianische UN-Botschafter verurteilt die Invasion als russischen Kolonialismus und solidarisiert sich mit der Ukraine als post-kolonialem Staat.(7) Auch innerhalb des südafrikanischen Parlaments gibt es Kritik an der neutralen Haltung der Regierung(8): Der Druck auf afrikanische Staaten steigt, sich klar zu positionieren, und gleichzeitig scheint der Krieg auch als Chance, neue Rollen in einer sich wandelnden Weltordnung einnehmen zu können.

Quellen:

(1) https://www.aljazeera.com/news/2022/3/18/update-1-s-africas-ramaphosa-blames-nato-for-russias-war-in-ukraine
(2) https://www.thesouthafrican.com/news/ramaphosa-criticizes-the-united-nations/
(3) https://www.sahistory.org.za/article/union-soviet-socialist-republics-ussr-and-anti-apartheid-struggle
(4) https://orf.at/stories/3255720/
(5) https://www.youtube.com/watch?v=4jgy5VxiqSE
(6) https://orf.at/stories/3255720/
(7) https://edition.cnn.com/2022/02/23/europe/kenya-ukraine-russia-colonialism-intl/index.html
(8) https://www.thesouthafrican.com/news/da-slams-sa-on-abstaining-from-suspending-russia-from-un-human-rights-council-ukraine-invasion-latest/

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