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Fleischarme FleischliebhaberInnen.

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Wieviel und was wir essen – ein Vergleich.

Günther Lanier, Ouagadougou, 12.2.2020.

Schauen wir über den eigenen Tellerrand und stochern wir im Essen der Anderen.

Eine erste Frage ist, wieviel jemand isst. Und die ist freilich überaus relevant. Wer nicht genug bekommt, verhungert. Neugeborene, deren Mütter sich während der Schwangerschaft nur mangelhaft ernähren konnten oder die in ihren ersten zwei Lebensjahren nicht genug zu essen bekommen, werden ihr ganzes Leben lang mit einer labilen Gesundheit zu kämpfen haben.

Derzeit sind unvorstellbar viele AfrikanerInnen lebensmittelhilfsbedürftig[1]. Im südlichen Afrika herrscht seit Jahren Trockenheit, Zyklone verheeren ganze Landstriche und Misswirtschaft trägt das Ihre bei: Laut Angaben des UNO-Welternährungsprogramms sind es 45 Millionen, die hungern oder hungergefährdet sind, darunter besonders Frauen und Kinder. Simbabwe, Sambia und Lesotho sind die hauptbetroffenen Länder, doch auch in Namibia, Mosambik, Madagaskar, eSwatini (Swasiland) und Malawi ist die Lage überaus ernst[2]. Das östliche Afrika leidet einstweilen am Überfall von aus dem Jemen über das Rote Meer gekommenen Heuschreckenschwärmen. Das Problem hätte an der Wurzel bekämpft werden müssen, also schon im Jemen. Doch da führen Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate Krieg. Äthiopien und Somalia haben seit einem Vierteljahrhundert, Kenia seit 70 Jahren keine so arge Heuschreckenplage erlebt, da vernichten die Tiere in manchen Landesteilen in kurzer Zeit die ganze Ernte[3]. In Äthiopien brauchen laut Angaben der staatseigenen Nachrichtenagentur ENA 7 Millionen dringend Hilfe – nicht die Heuschrecken, sondern die periodische Dürre, die wieder einmal das Land heimsucht, ist das Hauptproblem[4]. Das Land wird sonst gerne für seine dynamische wirtschaftliche Entwicklung gelobt…

In Burkina[5] verhungert selten wer. Auch Missernten – wie die nach der schlechten 2018er Regenzeit – werden irgendwie bewältigt. Derzeit stellen allerdings die 600.000 Binnenflüchtlinge, die vor Terrorattacken aus ihren Dörfern geflohen sind, die Lebensmittelversorgung vor ernsthafte Probleme.

 [6]

Doch abgesehen von Dürren und anderen Krisen: Wieviel Kalorien nehmen Menschen in Burkina, in Afrika, in der Dritten Welt eigentlich täglich zu sich?

Wie groß ist der Unterschied zur “Satten Welt“?[7]

Vorab ein Wort der Warnung: Wo wir es in der Folge mit statistischen Angaben für ganze Länder zu tun haben, verbergen die angeführten Zahlen beträchtliche Unterschiede innerhalb dieser Länder. Es handelt sich um Durchschnittswerte. Manche haben viel weniger zu essen – manche Reiche viel mehr.

Hier zunächst die tagaus tagein durchschnittlich zur Verfügung stehende Kalorienmenge nach Kontinenten[8].


In der Satten Welt scheinen die Unterschiede nicht groß: ob Australien, die USA und Kanada, Ost- oder Süd- oder Westeuropa, sie liegen alle zwischen 3.253und 3.663 Kilokalorien pro Person pro Tag. Auch Ostasien hat mit 3.068 wenig Rückstand (die Volksrepublik China mit 3.108 noch etwas weniger).

Innerhalb Afrikas ragt der Norden mit 3.228 heraus, während der Osten des Kontinents mit 2.169 den niedrigsten Durchschnittswert verzeichnet. ZentralafrikanerInnen stehen durchschnittlich ähnlich viele Kalorien (2.420) zur Verfügung wie SüdasiatInnen (2.482), WestafrikanerInnen überraschenderweise fast so viele (2.697) wie SüdostasiatInnen (2.716).

Die riesigen Aggregate verbergen teilweise große Unterschiede. Hier die Werte für 25 afrikanische Länder[9], die nahezu die weltweite Schwankungsbreite wiedergeben.

Ägypten mit 3.522 ist nahe an der Weltspitze dran, die anderen nordafrikanischen Länder stehen ihm nicht viel nach. Der afrikanischen Spitzengruppe nahe sind auch Mauritius, Südafrika und Ghana, die alle über dem Welt-Durchschnitt liegen.

Die Zentralafrikanische Republik mit 1.879, Sambia mit 1.930 und Madagaskar mit 2.052 Kilokalorien täglich weisen die niedrigsten Werte aus, das gilt kontinent- und auch weltweit. Zu viertunterst in der Welt folgt dann Afghanistan mit 2.090. BolivianerInnen stehen zum Beispiel durchschnittlich 2.256 Kilokalorien pro Tag zur Verfügung, etwas mehr als KenianerInnen.

Überraschend vielleicht, wie gut die Sahelstaaten Burkina Faso (2.720) und vor allem Mali (2.890) abschneiden, während der Tschad und Äthiopien mit 2.110 bzw. 2.131 wohl eher den Erwartungen entsprechen[10].

 [11]

Und wieviel Nahrung brauchen Menschen eigentlich?

Wieder gilt es mit den Durchschnittswerten vorsichtig zu sein, da die Antwort auf diese Frage von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Doch es gibt Richtwerte.

Zum Beispiel die D-A-CH-Referenzwerte für Nährstoffzufuhr, wobei D-A-CH für Deutschland[12], Österreich[13] und die Schweiz[14] steht, deren Fachgesellschaften diese Referenzwerte gemeinsam herausgeben. Die Richtwerte sind abhängig von Alter, vom Geschlecht (auch wegen der unterschiedlichen Körpergröße) und vom Ausmaß körperlicher Aktivität[15].

Für erwachsene Frauen bewegt sich der Richtwert zwischen 1.700 (alt/wenig aktiv) und 2.500 (jung/ziemlich aktiv), für erwachsene Männer zwischen 2.100 (alt/wenig aktiv) und 3.100 (jung/ziemlich aktiv) Kilokalorien. Für Kinder gibt es separat je nach Altersgruppe, Geschlecht und Aktivitätsniveau unterschiedliche Werte.[16].

Für bettlägerige Menschen oder solche, die ausschließlich sitzen, sind die Richtwerte niedriger, für BauarbeiterInnen und LeistungssportlerInnen oder Menschen mit “sehr aktiver Freizeitgestaltung“ höher[17]. Schwangere oder Stillende brauchen mehr Energie.

Die Richtwerte in den USA sind durchgehend um 100 kcal/Tag niedriger.[18]

 [19]

Die FAO hat es schwieriger. Für ihre internationalen Statistiken, zum Beispiel für Daten zur Unterernährung, braucht sie für jedes Land einen passenden Richtwert. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation/WHO wurde ein Body-Mass-Index[20] von 21,0 als allgemeines Ziel definiert[21]. Je nach Körpergröße lässt sich sodann das Gewicht berechnen. Je nach durchschnittlichem Aktivitätsniveau kann aufgrund dieser Daten dann für jedes Land ein Richtwert berechnet werden, ein Durchschnittswert, wohlgemerkt[22].

Wir alle wissen, dass das Wetter einen Einfluss auf unseren Energiebedarf hat: Im europäischen Sommer essen wir leichter und weniger als im Winter, denn den Körper zu heizen ist aufwändiger als ihn zu kühlen[23]. Obwohl Klima also eine Rolle spielt, finden die Durchschnittstemperaturen offensichtlich keinen Eingang in die FAO-Berechnungen der landesspezifischen Richtwerte. Wahrscheinlich würde es dann allzu kompliziert.

In Schwarzafrika liegen die Richtwerte für die minimalen Nahrungsenergieerfordernisse[24] für die meisten Länder zwischen 1.800 und 1.900 kcal/Tag (Burkina Faso und Guinea 1.890, Mali, Niger, Angola, Kongo-Kinshasa 1.810). In Nordafrika liegen die Richtwerte zwischen 2.000 (Ägypten) und 2.040 (Tunesien). SüdafrikanerInnen braucht etwas mehr (2.070). Für die Satte Welt werden durchgehend 2.150 angenommen. Den höchsten Wert weisen die Vereinigten Arabischen Emirate aus: durchschnittlich 2.210 kcal/Tag[25]. Der weltweit niedrigste Wert ist 1.800 – in Afrika gilt er für Uganda.

Es gibt also Unterschiede, aber die Dritte und die Satte Welt klaffen beim Notwendigen sehr viel weniger auseinander als bei Vorhandenem.

Fügen wir in die obige Grafik Richtwerte ein:

Wir stellen also fest, dass im Prinzip überall genug Kalorien zum Überleben vorhanden sind. Doch es handelt sich um Durchschnittswerte. Damit es für alle reicht, müssten die über Nahrung vorhandenen Kalorien gleich[26] verteilt werden.

Betrachten wir es vom Niveau der Nahrungsenergieerfordernisse aus, so wirkt die in der Satten Welt tagein tagaus durchschnittlich verfügbare Kalorienmenge unanständig. Der Weltrekord an durchschnittlich täglich pro Kopf zur Verfügung stehenden Nahrungsmitteln liegt mit 3.768 um 75,3% über den erforderlichen 2.150 Kilokalorien.

Übrigens: Diesen Weltrekord hält Österreich. Deutschland ist mit 3.499 Kilokalorien etwas bescheidener, die Schweiz mit 3.391 noch mehr. Das sind aber noch immer 62,7% bzw. 57,7% mehr als der Richtwert für die erforderliche Mindestmenge.

 [27]

Eine andere Frage ist, was wir essen. Anhand ausgesuchter Länder will ich auch hier einen Vergleich zwischen Dritter und Satter Welt anstellen. Empfehlungen zu gesunder Ernährung gibt es zuhauf[28], die will ich nicht wiederholen. Generell kann aber festgestellt werden, dass sich die Reichen gesünderes Essen leisten können und auch tatsächlich gesünder essen. Überernährung, Übergewicht, Adipositas sind in hohem Ausmaß Phänomene, die sich unter Armen häufen. Wenn sie nicht krankheitsbedingt sind, dann sind die dicken Bäuche kleiner SchwarzafrikanerInnen Zeichen von Fehlernährung.

 [29]

Nehmen wir zunächst nur eine ganz grobe Einteilung in pflanzliche und tierische Nahrungsmittel vor[30]. Für die Folge habe ich die Zentralafrikanische Republik – das Land mit weltweit am wenigsten Kalorien pro Kopf pro Tag –, das für Dürren und Hungersnöte bekannte Äthiopien, Burkina Faso und das “höher entwickelte“ Südafrika als Vertreter Afrikas ausgewählt, Deutschland, Frankreich, Österreich und die USA als Vertreter der Satten Welt sowie China und Indien als der Welt bevölkerungsreichste Staaten, Indien zudem teilweise mit einer ausgeprägt vegetarischen Kultur[31].

Verfeinern wir die Betrachtung.

AfrikanerInnen gelten als FleischliebhaberInnen. Doch Fleisch muss eineR sich auch leisten können.

Fleisch sorgt nur für einen Teil der unter den tierischen Produkten zusammengefassten Kalorien: In Indien ist es ein sehr kleiner Teil, nur 6,8%, in den vier Ländern der Satten Welt hingegen mindestens ein Drittel (Deutschland 34,0%, Österreich 34,1%, Frankreich 40,0%, USA 43,2%), in China zwei Drittel (65,1%)[32], in den vier schwarzafrikanischen Ländern sind es in Äthiopien 32,5%, in Burkina 40,9%, in Südafrika 71,5% und in der Zentralafrikanischen Republik 72,3%.

In den ausgewählten Ländern ist der Anteil von Fisch nur in China (10,2% der Kalorien aus tierischen Produkten) und Frankreich (6,8%) nennenswert, in Äthiopien wird offenbar so gut wie überhaupt kein Fisch gegessen.

Die restlichen Kalorien aus tierischen Produkten kommen in erster Linie aus Milch – nur in China rangieren Eier an vorderster Stelle. In Äthiopien liefert Milch 57,1% der tierischen Kalorien. Butter hat nur in Europa und in Indien bedeutende Anteile.

Getreide kommt überall an erster Stelle. Nein, eine Ausnahme gibt es: die Zentralafrikanische Republik, da wird sehr viel Maniok und viel Yams gegessen. Die höchsten Anteile bei Getreide erreichen Äthiopien und Burkina ex aequo mit 67,9%, es folgen Indien mit etwas über und China mit etwas unter 60%. In den vier Ländern der Satten Welt ist der Getreideanteil in Frankreich am höchsten (41,7%) und in den USA (29,7%) am niedrigsten. In den USA kommen pflanzliche Öle und Zucker diesem Anteil beträchtlich nahe (25,5 bzw. 22,2%). Auch in den anderen Ländern der Satten Welt sowie in Südafrika und Indien liegt der Zuckeranteil über 10%.

Hülsenfrüchte haben in Äthiopien mit 7,4% ihren höchsten Anteil, vor Indien (6,2%), Burkina Faso (5,4%) und der Zentralafrikanischen Republik (4,7%).

Was Gemüse betrifft, ist China unter den ausgewählten Ländern Spitze – mit 9,8% lässt es Frankreich und Österreich (3,1 bzw. 2,9%) deutlich hinter sich. Bei Obst geht hingegen Österreich mit gutem Beispiel voran: 7,1% tragen Früchte da zu den pflanzlichen Kalorien bei, vor Frankreich und Deutschland (jeweils 4,5%) sowie China und USA (je 4,4%).

Beim Anteil von Alkohol liegt Deutschland mit 10,4% voran, gefolgt von Österreich mit 9,2 und Burkina mit 7,0%. Das vermeintlich trinkfreudige Frankreich liegt mit 5,7% knapp hinter den USA (5,9%) und Südafrika (5,8%). Mit 0,6% beziehen InderInnen den geringsten Anteil ihrer pflanzlichen Kalorien aus Alkohol, auch in Äthiopien und in der Zentralafrikanischen Republik sind es mit 1,0% bzw. 1,2% nur unwesentlich mehr.

Die den Artikel beschließenden Grafiken zeigen für die zehn Länder die Anteile verschiedener Lebensmittel an der pro Kopf täglich durchschnittlich insgesamt zur Verfügung stehenden Kalorienmenge. Dabei habe ich die jeweils größten Aggregate (oft die Getreide) in ihre wichtigsten Bestandteile aufgeschlüsselt. Auch gehe ich jetzt von der bisherigen alphabetischen Reihenfolge ab, Kriterium sind jetzt die Kilokalorien pro Person pro Tag, das Land mit den wenigsten (die Zentralafrikanische Republik) macht den Anfang, das mit den meisten (Österreich) bildet den Schluss.

In der Zentralafrikanischen Republik liefern Maniok (16,6%), Yams (10,8%) und andere Knollenfrüchte und Wurzeln mehr Kalorien als Getreide. Bei Letzteren – in Blautönen – dominiert Mais deutlich (12,7%) vor Reis (4,1%), Sorghum (4,0%) und sonstigen Getreiden. Erdnussöl steuert ein Zehntel (11,0%) zu den täglichen Kalorien bei. Bei den tierischen Produkten, die gemeinsam ebenfalls auf 11,0% kommen ist Rindfleisch der wichtigste Bestandteil. Zucker trägt nur 4,0% bei, geringfügig mehr als Früchte (3,8%), während Gemüse mit 0,6% wenig bedeutend ist.

ÄthiopierInnen haben jeden Tag im Durchschnitt 252 mehr Kalorien zur Verfügung als ZentralafrikanerInnen. Die verschiedenen Getreide, die zusammen 63,9% der äthiopischen Kalorienzufuhr ausmachen, sind hier wieder an den Blautönen zu erkennen. Die FAO hat Teff – Zwerghirse, mit der das Nationalgericht Injera zubereitet wird – nicht extra ausgewiesen. Meine Grafik beruht auf der Annahme, dass sich in der FAO-Kategorie “andere Getreide“ ganz überwiegend Teff verbirgt. Meine Kategorie “sonstige Getreide“ wiederum besteht aus Gerste, Kolbenhirse, Reis und Hafer (letztere beide zählen kaum). Rüben, Knollen, Wurzeln[33] leisten einen Beitrag von 13,2% zur durchschnittlichen täglichen Kost, Zucker steuert 5,9% bei, Alkohol (0,9%), Gemüse (0,8%) und Obst (0,5%) sind kalorienmäßig wenig bedeutend.

Mehr als die Hälfte, nämlich 55,4%, der täglichen Kalorienmenge beziehen InderInnen aus Getreiden. Der vor allem in den südlichen Landesteilen konsumierte Reis liegt voran (28,0%), der mehr im Norden des Landes für die Zubereitung von Fladenbrot (chapati/roti usw.) verwandte Weizen kommt auf 21,0%. Zucker bringt es auf knapp ein Zehntel (9,3%). Unter den 8,4% pflanzlicher Öle rangieren Raps/Senföl und Sojaöl zuvorderst. Unter den tierischen Produkten dominieren Milch und Butter, die sonstigen inklusive Fleisch und Fisch kommen nur auf 1,5%. Alkohol spielt so gut wie keine Rolle, auch die Anteile von Gemüse (2,5%) und Früchten (2,8%) sind klein.

Burkinabè stehen täglich im Schnitt 2.720 Kilokalorien zur Verfügung, das ist fast um die Hälfte mehr als in der Zentralafrikanischen Republik. Ganz zuoberst kommen die Getreide, wie immer in Blau. In Burkina hat der Mais die traditionelle Rispenhirse (Sorghum) und die Kolbenhirse überholt, dahinter kommen, deutlich abgeschlagen, der Reis und dann die sonstigen Getreide, darunter der Weizen. Die Anteile von Früchten und Gemüsen sind verschwindend gering, dafür tragen alkoholische Getränke – darunter insbesondere das traditionelle Hirsebier – mit 6,6% zum Kalorienhaushalt bei.

Die 1.537 Kalorien bedeuten für Getreide einen Anteil von 50,9% an der täglichen südafrikanischen Energiezufuhr. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Mais, etwa ein Drittel auf Weizen, dann kommt Reis. Für die traditionell afrikanische Hirse bleibt kaum mehr Platz. Pflanzliche Öle haben gemeinsam einen Anteil von 10,4%, Sonnenblumenöl und Sojabohnenöl liefern in dieser Kategorie die größten Beiträge. Zucker sorgt für etwas mehr als ein Zehntel der täglichen Kalorien, 11,0%. Fett- und zuckerreiche bzw. -überreiche Nahrung ist ein wesentlicher Faktor bei Adipositas (Fettleibigkeit), unter der immer mehr und insbesondere arme SüdafrikanerInnen leiden. Tierische Produkte haben einen Anteil von 16,1% an den täglichen Kalorien, wobei Geflügel (5,0%) vor Rindfleisch (3,7%) und Milch (2,7%) rangiert. Alkoholische Getränke steuern knapp 5% zu den täglichen Kalorien bei. Gemüse und Obst sind mit 1,3% bzw. 1,4% von geringer Bedeutung.

Für ChinesInnen sind die Getreide ein bisschen weniger dominant. Reis zeichnet für ein Viertel der täglichen Kalorien – 3.109 sind es insgesamt – verantwortlich, auch Weizen mit etwa einem Sechstel ist wichtig. Fleisch – vor allem Schweinefleisch mit einem Anteil von 11,8% – spielt eine alles andere als unwesentliche Rolle in der täglichen Kalorienversorgung. Zudem ist der Gemüseanteil mit 7,5% hoch, Obst mit 3,3% ist eine wenig wichtiger als alkoholische Getränke.

Im für seine Haute Cuisine[34] berühmten Frankreich sorgen tierische Produkte für etwas mehr Kalorien als Getreide (1.181 gegenüber 960 kcal/Person/Tag). Doch Rindfleisch rangiert unter den Lebensmitteln tierischen Ursprungs hinter Milch, Schweinefleisch, Butter, Geflügel erst an fünfter Stelle. Geschmack muss sich eineR ja leisten können. Dass der Anteil alkoholischer Getränke sehr viel niedriger als in Deutschland ist, liegt wohl an der Präferenz für Wein, Bier trägt in Frankreich weniger als halb so viel zu den Kalorien bei wie Wein. Der Beitrag von Getreiden liegt bei einem Viertel, wobei der Weizen einer Monopolstellung nahekommt (23,3 der insgesamt 27,6 Prozentpunkte der Getreide). Der Anteil von Zucker liegt leicht über10%, Gemüse und Obst haben zusammen gerade 5,0%.

In Deutschland rangieren tierische Produkte (in Gelb- und Rottönen) vor Getreide (wieder in Blautönen), obwohl Weizen mit 18,7% die größte Einzelkomponente der Grafik darstellt. Milch (gelb, 9,5%) sticht Schweinefleisch (6,8%) aus[35]. Das vielgepriesene Gemüse (1,9%) und auch das Obst (3,2%) kommen gemeinsam nicht an den Anteil der alkoholischen Getränke (7,3%) heran. Anlass zur Sorge könnte wohl auch der 13,4%-Anteil von Zucker (links oben in orange) liefern. Unter den sonstigen Lebensmitteln finden sich auch “Baumnüsse“ – die in der Grafik nicht ausgewiesenen deutschen 1,4% stellen hier den Spitzenwert unter den ausgewählten zehn Ländern dar.

Kalorien tierischen Ursprungs liefern den US-AmerikanerInnen im Schnitt 26,7% ihrer täglichen Kalorien, Getreide 21,8%, pflanzliche Öle 18,7% und Zucker 16,3%. Unter den tierischen Produkten nimmt Milch mit genau 10% klar den ersten Platz ein, vor Geflügel (5,4%), Schweine- (3,3%) und Rindfleisch (2,7%). Das berühmte US-amerikanische Steak leistet also nur einen recht kleinen Beitrag zur Ernährung. Unter den Getreiden dominiert der Weizen (16,3%), deutlich abgeschlagen folgen Mais (2,5%) und Reis (2,0%). Den Löwenanteil unter den pflanzlichen Ölen hat Sojabohnenöl mit stattlichen 14,3% der durchschnittlichen täglichen Kalorien. Gemeinsam mit dem zu hohen Zuckeranteil erklärt die zu fettreiche Ernährung zu einem guten Teil, warum Adipositas (Fettleibigkeit) in den USA ein noch größeres Problem ist als in anderen Teilen der Satten Welt. Alkohol steuert 5,4% der Kalorien bei, Früchte 3,2% und Gemüse 1,9%.

Somit schließlich zum Weltrekordhalter Österreich. Durchschnittlich 3.768 Kilokalorien täglich pro Person, das bedeutet genau doppelt so viel wie in der Zentralafrikanischen Republik oder um die Hälfte mehr als in Indien. Oder um 75% mehr als das erforderliche Minimum – 2.150 Kalorien täglich (siehe oben), ziemlich genau so viel wie ÄthiopierInnen täglich im Schnitt zur Verfügung steht.

Wie in den drei anderen ausgesuchten Ländern der Satten Welt tragen auch in Österreich Produkte tierischer Herkunft mit 30,1% kalorienmäßig mehr zur täglichen Nahrung bei als Getreide mit 23,5%. Milch (7,1%) und Schweinefleisch (6,7%) leisten in etwa ebenbürtige Beiträge. Fast drei Viertel der Getreide-Kalorien sind dem Weizen zu verdanken, das entspricht 17,1% der Gesamtkalorienmenge. Pflanzliche Öle haben einen Anteil von 14,7% (Rapsöl 6,1%, Sonnenblumenöl 4,5%). Zucker kommt auf 11,6%, alkoholische Getränke auf 6,4%, Gemüse hingegen nur auf 2,0%, Obst auf fast schon stattliche 5,0%, wobei Äpfel für 1,8% sorgen.

 [36]

Die allermeisten AfrikanerInnen lieben Fleisch. Gegessen wird es, wie wir gesehen haben, anderswo.

 

Endnoten:

 

[1] Dass es gilt, vorsichtig zu sein mit herkömmlichen Einschätzungen von Ernährungssicherheit, habe ich anhand von Simbabwe abgehandelt in Günther Lanier, Verarmungswachstum. Überlebt wird anderswo, Wien (Radio Afrika TV) 22.10.2019, http://alexisnshimyimanan5.sg-host.com/2019/10/22/verarmungswachstum/.

[2] Siehe zum Beispiel Karen McVeigh, UN sounds alarm over unprecedented levels of hunger in southern Africa, The Guardian 16.1.2020, https://www.theguardian.com/global-development/2020/jan/16/un-sounds-alarm-over-unprecedented-levels-of-hunger-in-southern-africa.

[3] In Kenia soll ein 40 km großer Schwarm gesichtet worden sein. Heuschrecken können an einem Tag 150 km weit fliegen und an einem Tag so viel essen, wie sie selbst wiegen. Wenn die Schwärme weiter wachsen und sich weiter ausbreiten, könnten bald auch Uganda und Südsudan betroffen sein. Siehe u.a. BBC, Locusts: UN calls for international help in East Africa, BBC 24.1.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-51234135. Siehe auch das zweite Foto auf BBC News, Africa’s week in pictures: 17-23 January 2020, BBC 24.1.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-51221735.

[4] BBC Africa live, ‘Seven million Ethiopians’ in need of food aid, 27.1.2020 um 5h45. Die ENA stützt sich auf Angaben der National Disaster Risk Management Commission (NDRMC) bzw. deren Sprecher Debebe Zewede.

[5] Das dem Artikel vorangestellte Foto zeigt ein kleines Mais-Feld unmittelbar neben einem BäuerInnenhof. Foto Petra Radeschnig, Boussouma (80 km nord-nord-östlich der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou, August 2004. Für die Zubereitung des sterzähnlichen Grundnahrungsmittels hat der Mais vielfach die Hirse verdrängt, obwohl er weniger nährstoffreich ist.

[6] Kinder beim “Weihnachtsessen in Kampala“ nahe Tiébélé im Süden Burkina Fasos. Seit mehreren Jahren organisiert Marie Claire (Reine) Akoandambou für die Kinder ihres Dorfes “Noël à Kampala“. Die 2019er Ausgabe fand am 18.1.2020 statt. Foto Marie Claire Akoandambou.

[7] Den Ausdruck habe ich aus dem ersten je publizierten burkinischen (damals hieß das Land allerdings noch Obervolta) Roman: Nazi Boni, Crépuscule des temps anciens. Chronique du Bwamu, Paris (Présence africaine) 1962, p.16.

[8] Die meiner Grafik zugrunde liegenden Daten sind die letztverfügbaren der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), sie stammen aus 2013. Nur für Afrika sind alle Teile des Kontinents wiedergegeben; http://www.fao.org/faostat/en/#data/FBSH.

[9] Die der Grafik zugrunde liegenden Daten sind abermals die letztverfügbaren der FAO, aus 2013. Ich nehme an, dass es sich bei Kongo um Kongo-Brazzaville handelt – unter den FAO-Daten scheint nur ein Kongo auf und Kongo-Kinshasa wird meist als Demokratische Republik Kongo geführt. Wie oben die Kontinente sind auch die Länder alphabetisch gereiht. http://www.fao.org/faostat/en/#data/FBSH.

[10] Ich kann nicht beurteilen, wie sehr besondere Wetterumstände auf diese Werte für 2013 in die eine oder andere Richtung Einfluss genommen haben – eigentlich müsste ich der Grafik mehrjährige Durchschnittswerte zugrunde legen. Die FAO liefert solche Daten nicht. Sie selbst zu berechnen, würde sehr viel Zeitaufwand bedeuten.

[11] Weihnachten in Kampala im südlichen Burkina Faso, Foto Marie Claire Akoandambou, Kampala, 18.1.2020.

[12] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V./DGE.

[13] Österreichische Gesellschaft für Ernährung/ÖGE.

[14] Schweizerische Gesellschaft für Ernährung/SGE.

[15] Gemessen in PAL = physical activity level. Die Richtwerte sind für 1,4 (wenig aktiv), 1,6 (mittel) und 1,8 (ziemlich aktiv) angegeben.

[16] Siehe https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/energie/.

[17] Siehe z.B. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/sites/default/files/pdf/2018_12_19_PAL_Wert_v1.pdf. Die deutsche Stiftung Gesundheitswissen (SGW) ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts, die sich um Information in Gesundheitsbelangen bemüht, Präventionsmöglichkeiten, Diagnose- und Behandlungsalternativen zu verschiedensten Krankheitsbildern darstellt und das Gesundheitswissen im Allgemeinen fördert. Sie wurde 2015 durch den Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. gegründet. Siehe https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/.

[18] Also 1.600 (alt/wenig aktiv) bis 2.400 (jung/ziemlich aktiv) Kilokalorien pro Tag für erwachsene Frauen und 2.000 (alt/wenig aktiv) bis 3.000 (jung/ziemlich aktiv) für erwachsene Männer. Siehe https://health.gov/dietaryguidelines/2015/guidelines/appendix-2/.

[19] Regenzeit. Foto Petra Radeschnig, in der Nähe von Boussouma, August 2004.

[20] Der entsprechende deutsche Ausdruck Körpermasseindex/KMI ist wenig gebräuchlich. Der Body-Mass-Index wird berechnet, indem das Körpergewicht in kg durch das Quadrat der in Metern ausgedrückten Körpergröße dividiert wird.

[21] Für Individuen wird meist eine Bandbreite von 18,5 bis 24,9 als “normal“ oder wünschenswert angesehen.

[22] Siehe dazu die Ausführungen Energy requirements and dietary energy recommendations auf http://www.fao.org/3/y5686e/y5686e08.htm sowie FAO Methodology for the Measurement of Food Deprivation. Updating the minimum dietary energy requirements, Rome (FAO Statistics Division) Okt.2008, http://www.fao.org/fileadmin/templates/ess/documents/food_security_statistics/metadata/undernourishment_methodology.pdf.

Die rezentesten verfügbaren FAO-Richtwerte sind aus 2011-13, passen also zu den Angaben zu kcal/Kopf/Tag.

[23] “Zittern verbraucht mehr Kalorien als Schwitzen“.

[24] Grob gesprochen, was nötig ist, um einen akzeptablen Body-Mass-Index zu erreichen, also wieviel Kalorien durchschnittlich zugeführt werden müssen, damit ein der Körpergröße halbwegs adäquates Gewicht erreicht wird. Neben diesen minimum dietary energy requirements (MDER) gibt es auch die etwas höheren average dietary energy requirements (ADER). Bei Letzteren kann ein gesundes Körpergewicht erreicht werden. Sie liegen für Mali bei 2.100, für Burkina bei 2.200 und für die Satte Welt bei 2.510 Kcal/Tag.

[25] Die Daten entstammen den interaktiven Karten “Dietary Energy Requirement (kcal/capita/day) – ADER 2011-13“ bzw. “Dietary Energy Requirement (kcal/capita/day) – MDER 2011-13“ in Max Roser, Hannah Ritchie, Food Supply, OurWorldInData.org 2020, https://ourworldindata.org/food-supply (besser sichtbar auf https://www.maxroser.com/roser/maps/EnergyReq_ADER_MDER/EnergyReq_ADER_MDER.html). Quelle der Daten ist abermals die FAO – der angegebene link funktioniert allerdings nicht und es ist mir trotz langen Suchens nicht gelungen, an die FAO-Daten selbst heranzukommen.

[26] Also jeder und jedem nach seinen gewichts- und aktivitätsniveauentsprechenden Bedürfnissen.

[27] Weihnachten in Kampala, Foto Marie Claire Akoandambou, Kampala, 18.1.2020.

[28] Für Deutschland zum Beispiel auf https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/ernaehrung-lebensweise und für Österreich zum Beispiel auf https://www.gesundheit.gv.at/leben/ernaehrung/richtige-ernaehrung/ernaehrungsfehler-oesterreich.

[29] Es gibt sie oft noch ausgeprägter, diese dicken Bäuche. Foto Petra Radeschnig in Sorgho (glaube ich) im April 2004.

[30] Die Quelle der Daten, die meinen Berechnungen für die Grafik zugrunde liegen, ist abermals die FAO: http://www.fao.org/faostat/en/#data/FBSH.

[31]. Tatsächlich bestehen die täglichen indischen 235 tierischen Prokopfkilokalorien nur zu 6,8% aus Fleisch und zu 3,8% aus Fisch. Eier stehen für 4,3% und den Hauptbeitrag liefern Butter (29,8%) und andere Milchprodukte (54,9%).

[32] Das ist mehr als im rindfleischvernarrten Argentinien (62,7%). Beim Anteil des Fleisches an der Gesamtkalorienmenge liegt Argentinien mit 19,2% allerdings wieder vor China (15,2%).

[33] Ich hätte hier gerne aufgeschlüsselt, aber die FAO-Daten geben wenig Aufschluss: 204 der 281 täglichen Kalorien werden als “sonstige“ angegeben, 36 sind Süßkartoffel, 28 Yams, 12 Kartoffel.

[34] “Gehobene Küche“ auf Französisch.

[35] Ich habe nicht ergründen können, was genau hinter der Kategorie “fats, animals, raw“ steckt, die immerhin 4% der täglichen Kalorienmenge beiträgt. So habe ich nur übersetzt.

[36] Weihnachten in Kampala, Foto Marie Claire Akoandambou, Kampala, 18.1.2020.

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