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Die drei Gaben der drei Weisen

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Bild: Jan Anton van der Barens Blick auf die drei Geschenke, 17. Jahrhundert [1]

* * *

Günther Lanier, Ouagadougou 11.1.2023[2]

* * *

Könige waren sie keine, auch wenn die drei alljährlich am 6. Jänner Gefeierten oft “Heilige Drei Könige“ genannt werden. Sterndeuter, Magier, Weise schon eher. Und heiliggesprochen wurden sie nie.

Wie auch immer: Diese drei allerersten Christen folgten, von Matthäus bezeugt, einem Stern nach Bethlehem. Dort brachten sie dem frisch geborenen König der JüdInnen ihre Gaben dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Der Wert ihrer Geschenke ist Abglanz der Bedeutung des Angebeteten. Nicht erst 7 Jahre vor dem Beginn unserer Zeitrechnung[3], sondern schon hunderte Jahre[4] vorher hieß es im Alten Testament an der Liebe huldigender Stelle:

Wer ist sie,
die heraufsteigt aus der Wüste
in Säulen von Rauch, umwölkt von Myrrhe und Weihrauch,
von allen Wohlgerüchen des Händlers?[5]

Ist Christus auch Inbegriff der Religion der Liebe, Angelpunkt einer markanten Wandlung zwischen Altem und Neuem Testament, so geht es Matthäus um anderes als dem Hohelied. Gold scheint ihm als edelstes aller Metalle einem “König“ angemessen. Weihrauch dient Hohepriestern, wieviel mehr also einem Religionsgründer und Gottessohn. Die Arznei- und Heilpflanze Myrrhe schließlich weist auf den “Heiland“, den Arzt, Heiler und Erlöser der Menschheit hin.

Die Myrrhe wird für Christus etwas über drei Jahrzehnte später noch einmal eine Rolle spielen: Der Evangelist Johannes berichtet, dass Nikodemus zu Jesu Begräbnis mit Aloe vermischte Myrrhe mitbringt. Sie dient dem Einsalben des Leichnams[6]. So könnte die dritte Gabe der drei Weisen auch ein früher Hinweis auf den letztlich selbstgewählten Tod am Kreuz sein.


Ausläufer der Golis-Bergkette 1896[7]

Die drei Weisen kamen aus dem Osten – ihre Gaben hingegen stammten aus dem Süden, aus den Golis-Bergen im heutigen Somaliland[8]. Diese Bergkette erstreckt sich im nördlichen Somaliland von Nordwesten Richtung Südosten, südlich der Hafenstadt Berbera. Ihre höchste Erhebung, Gacan Libaax, ist 2.008 Meter hoch.

Von hier werden seit Jahrtausenden Gold, Weihrauch und Myrrhe exportiert. Vom alten Ägypten wissen wir, dass zumindest seit der Mitte des 3. Jahrtausends vor der Zeitenwende Handelsbeziehungen bestanden. Berühmt ist die von der Pharaonin Hatschepsut ausgerüstete Expedition, fünf Schiffe, die 1.493 vor der christlichen Zeitrechnung vor allem diese wertvollen Produkte aus “Punt“ zurückbrachten[9]. Heutzutage heißt die an Somaliland[10] im Osten angrenzende halbautonome Region Somalias Puntland.


Viel Gold… Darstellungen der Punt-Expedition sind in Hatschepsuts Totentempel prominent vertreten [11]

Myrrhe und Weihrauch sind pflanzliche Produkte, Gummiharze.

Myrrhe stammt vom dornenbesetzten Myrrhenstrauch (commiphora), Weihrauch vom Weihrauchstrauch- oder -baum (boswellia), beides sind Gattungen der Balsambaumgewächse.

     
Myrrhe und Weihrauch [12]

Die seit jeher überaus begehrten Harze sind ähnlich unscheinbar wie die sie produzierenden Sträucher oder Bäume. Hier ein etwas ausgefalleneres Exemplar eines Weihrauchbaumes aus Sokotra – einer der Nordostspitze Somalias vorgelagerten Insel im Indischen Ozean.


 [13]

Gold, Weihrauch und Myrrhe – in seiner Dreifaltigkeit klingt es nach Harmonie.

Doch das gilt heute nicht mehr in den Golis-Bergen[14]. Seit etwa fünf Jahren ist dort ein Goldrausch zugange und der gefährdet die Weihrauch- und Myrrhe-Sträucher und -Bäume. Diese – manche von ihnen angeblich Jahrhunderte alt – fallen entweder unmittelbar dem Roden von Goldsuchgelände zum Opfer. Oder die Wurzeln werden beim Graben nach Gold beschädigt. Wobei Myrrhe-Sträucher besonders betroffen sind – Weihrauchbäume wachsen meist in felsigerem Gebiet. Der Goldabbau beeinträchtigt oft auch die Wasserzufuhr. Und dazu kommt freilich noch die Umweltzerstörung, die von den Giften verursacht werden, die bei der Suche nach dem edlen Metall verwendet werden.

Wobei sowieso nie diejenigen, die Weihrauch und Myrrhe ernten, sich goldene Nasen verdienen. Gerade 5 bis 9 US-Dollar erhalten sie derzeit für ein Kilogramm Weihrauch, 10 US-Dollar (9,29 Euro zum heutigen Wechselkurs) für ein Kilogramm Myrrhe. Via Amazon sind z.B. von der Firma Luxflair 50 Gramm Myrrhe um 11,99 Euro erhältlich, mehr als 20-mal so viel[15].


Die Golis-Berge im Sheikh-Bezirk [16]

* * *

Endnoten:

[1] Jan Anton van der Baren, Die Geschenke der Heiligen Drei Könige, Öl auf Leinwand 71×74 cm, Kunsthistorisches Museum Wien ID: a97da629b0, aus der Bilddatenbank des Museums, Foto überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jan_Anton_van_der_Baren_-_The_Gifts_of_the_Three_Magi.jpg.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Bekanntlich hat sich der Mönch Dionysius Exiguus im 6. nachchristlichen Jahrhundert bei den Kalkulationen zum Etablieren der christlichen Zeitrechnung um ein paar Jahre vertan.

[4] Die Entstehungszeit des Hoheliedes ist umstritten – es könnte mehr als 1.000 Jahre vor Christi Geburt gewesen sein, spätestens aber im 3. vorchristlichen Jahrhundert.

[5] Lied der Lieder (auch: Hohelied) 3,6, https://www.bibleserver.com/EU/Hoheslied3.

[6] Johannes 19,39. Dass Nikodemus eine Riesenmenge – hundert Pfund – mitbringt, wird mitunter als Seitenhieb Johannes’ auf sein falsches Verständnis des ChristInnentums interpretiert, sein Überbetonen des Körperlichen gegenüber dem Geistigen.

[7] Foto einer Expedition von D.G. Elliot und Carl Akeley 1896 aus der Field Museum Library CSZ6052_LS, handkoloriert, hochgeladen von Elitre am 23.9.2009, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Foothills_of_Golis_Mountain_range.jpg.

[8] Das ist nicht “auf meinem Mist gewachsen“, das weiß der BBC: Mary Harper, The Somali gold rush endangering frankincense and myrrh, BBC Africa Live 5.1.2023 um 1h11, https://www.bbc.com/news/world-africa-64162379.

[9] Auch Bäume wurden eingeschifft – laut https://www.worldhistory.org/punt/ soll es sich dabei um das erste Verpflanzen lebender Fauna gehandelt haben.

[10] Somaliland ist de facto seit 1991 ein unabhängiger Staat, wird aber international nicht anerkannt und Somalia beansprucht nach wie vor die Oberhoheit. Siehe Günther Lanier, Ein Phantomland hat gewählt. Somaliland hält sich gut, Ouagadougou (Africa Libre) 22.11.2017, https://www.africalibre.net/artikel/353-ein-phantomland-hat-gewahlt–somaliland-halt-sich-gut (Erstveröffentlichung auf der Webseite von Radio Afrika TV).

[11] Foto Hans Bernhard (Schnobby) 1976, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Punt5.jpg.

[12] Myrrhe (links): Foto GeoTrinity 22.1.2014, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Myrrhe.jpg. Weihrauch (rechts): Foto Peter Presslein 27.11.2005, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Olibanum_resin.jpg.

[13] Foto Rod Waddington 23.9.2013, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Frankincense_Tree,_Socotra_Is_(9888816984).jpg.

[14] Hier stütze ich mich auf den oben bereits erwähnten BBC-Artikel: Mary Harper, The Somali gold rush endangering frankincense and myrrh, BBC Africa Live 5.1.2023 um 1h11, https://www.bbc.com/news/world-africa-64162379.

[15] Siehe https://www.amazon.de/R%C3%A4uchern-Verbrennen-R%C3%A4ucherkohle-Luxflair%C2%AE-R%C3%A4ucherwerk/dp/B074F3RYMQ/ref=sr_1_9?keywords=myrrhe&qid=1673449631&sr=8-9&th=1.

[16] Foto Eric Lafforgue 22.11.2020, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_panoramic_view_of_the_sheikh_mountains,_Togdheer,_Sheikh,_Somaliland.jpg.

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