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Der Täuberich, den es ins südliche Afrika zog

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Foto: Die Viktoriafälle, an der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia [1]

* * *

Günther Lanier, Wien 12.10.2022[2]

* * *

Er war ein eigenartiger Vogel, dieser Emil Holub.

Vor fünf Tagen war sein 175. Geburtstag: Geboren wurde er am 7. Oktober 1847 in Holice in Ostböhmen, damals Teil des Habsburger Reiches. Gestorben ist er 54-jährig in Wien, am 21. Februar 1902. Dazwischen lag ein teilweise abenteuerliches Leben.

Die nur zwei Wochen nach seinem Tod, am 7. März 1902[3], nach ihm benannte Holubstraße im 2. Wiener Bezirk verbindet Handelskai und Vorgartenstraße, läuft normal zur Donau, etwa auf halber Höhe zwischen Brigittenauer- und Reichsbrücke.


Dr Emil Holub 1883 [4]

Auf Tschechisch ist Holub ein recht häufiger Name. Er bedeutet “Taube“[5].

Emil Holub war Sohn eines praktischen Arztes und studierte auf Wunsch seiner Eltern in Prag Medizin. Doch er träumte von anderem.

“Mein Scherflein zu dem großen Werke der Erschließung und Durchforschung Afrika’s beitragen zu können, war mein seit früher Jugend gehegter und stets genährter Wunsch. Als ich während meiner Studienjahre bei der Lectüre der Reisewerke über den dunklen Erdtheil so selten den Namen österreichischer Reisenden begegnete, traten die Umrisse meines Reiseplanes immer schärfer hervor und als ich im Jahre 1872 an der Schwelle der Verwirklichung meines sehnlichsten Wunsches stand, war mein Entschluß gefaßt. Süd-Afrika war das Feld, auf dem ich der Wissenschaft und meinem Vaterlande ersprießliche Dienste zu leisten hoffen durfte.“[6]

Nur vier Monate nach seiner Promotion ging er 1872 nach Südafrika. Das Geld für seine drei Expeditionen dort verdiente er sich als Arzt – in Dutoitspan nahe Kimberley[7]. War er unterwegs, so interessierte er sich für alles und sammelte, was er nur konnte.


“Special Karte No.2. Die Victoriafälle des Zambesi nach Compassaufnahmen Dr. Emil Holub“ [8]

Auf seiner dritten Expedition gelangte er 1875 an die Viktoriafälle. Die waren 22 Jahre zuvor von seinem großen Vorbild Livingstone “entdeckt“ worden[9]. Emil Holub war der erste, der sie kartographierte.

1879 kehrte Holub nach Europa zurück. Mit seinen Vorträgen stieß er auf großes Interesse. Trotz aller Anerkennung für seine Arbeit – er wurde mit Darwin verglichen – fand er für sein Vorhaben, mit allem Gesammelten ein Afrika-Museum einzurichten, jedoch keine MäzenInnen.


“Knapp entkommen” – nahe Cradock, in der Ostkap-Provinz Südafrikas[10]

Sein auf Deutsch 1880 veröffentlichtes Buch “Sieben Jahre in Südafrika“, aus dem ich oben den ersten Absatz des Vorwortes zitiert habe, verkaufte sich gut und wurde schon im Folgejahr ins Englische übersetzt[11]. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Blütezeit des Imperialismus – und viele beteiligten sich damals gerne zumindest mittels Lektüre an der Eroberung ferner Teile der Welt, insbesondere auch an ihrer wissenschaftlichen Aneignung.


Viktoriafälle, Zimbabwe [12]

Emil Holub plante in dieser Zeit eine weitere, viel ambitioniertere Reise. Die sollte von Kapstadt an der Südspitze des Kontinents bis an sein nördliches Ende in Ägypten gehen. Mit seiner zweiten Frau, der gerade erste geehelichten 18-jährigen Rosa (geb. Hof), brach er 1883 auf. Doch er kam nicht allzu weit – die Reise stand unter keinem guten Stern. Holub selbst erkrankte an Malaria und verlor einen großen Teil der Ausrüstung und seiner Sammlungen. Nach vier Jahren – er war nur bis zum Sambesi gekommen – gab er auf und kehrte 1887 nach Europa zurück.


Mosi oa Tunya, besser bekannt als Viktoriafälle [13]

Sein 1890 veröffentlichtes Buch “Von der Capstadt ins Land der Maschukulumbe“ über diese Reise erzielte einen ähnlichen Erfolg wie sein erstes.

Zu seinem Leidwesen gelang es ihm nicht, eine Bleibe für seine Sammlung zu finden. Das Prager Nationalmuseum wollte seine 13.000 Objekte umfassende Sammlung auch nicht geschenkt haben. So verkaufte oder verschenkte er sie stückchenweise und sie ist heute über die ganze Welt verstreut.

Trotz seines schlechten Gesundheitszustandes wollte er bald wieder nach Afrika aufbrechen, zu weiteren Forschungen und Abenteuern. Doch dazu kam es nicht mehr.

Seine Frau Rosa überlebte ihn um 56 Jahre.


Rosa Holub 1883 [14]

* * *

Endnoten:

[1] Foto Diego Delso 27.7.2018, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cataratas_Victoria,_Zambia-Zimbabue,_2018-07-27,_DD_05.jpg.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Siehe https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Emil_Holub.

[4] Quelle: “Ország-Világ, 1883. december 15. 51. szám, 813. oldal”, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Emil_Holub,_Orsz%C3%A1g-Vil%C3%A1g,_1883.jpg.

[5] Hans Holzhacker sei herzlicher Dank für den Hinweis! Laut https://nachnamen.net/nachname-holub gibt es in Tschechien 6.683 Personen mit dem Namen Holub, in den USA 5.012 und in Österreich 1.157.

[6] Erster Absatz des 1880 geschriebenen Vorwortes aus Emil Holub, Sieben Jahre in Süd-Afrika, Frankfurt am Main (Outlook Verlag) 2020, Reproduktion des Originals, p.2, https://books.google.at/books?hl=de&lr=&id=lLfxDwAAQBAJ&oi=fnd&pg=PA2&dq=emil+holub&ots=nBwuuLg-7J&sig=BRA3YDpJqC-idEY27d-MASh0vHc&redir_esc=y#v=onepage&q=emil%20holub&f=false.

[7] Hauptstadt der Provinz Nordkap, die in etwa im geographischen Zentrum des heutigen Südafrika liegt.

[8] Aus: Emil Holub, Sieben Jahre in Süd-Afrika. 2. Band. Erlebnisse, Forschungen und Jagden auf meinen Reisen von den Diamantenfeldern zum Zambesi (1872-1879), Wien (Alfred Hölder) 1881, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Special_Karte_No.2._Die_Victoriaf%C3%A4lle_des_Zambesi_nach_Compassaufnahmen_Dr._Emil_Holub.jpg.

[9] Livingstone hatte 1851 von den Fällen gehört, war 1855 zu ihnen gelangt. Zu Livingstone siehe Günther Lanier, Maravi – Nyasaland – Malawi. Afrikas warmes Herz, Ouagadougou (Africa Libre) 22.4.2020, https://www.africalibre.net/artikel/218-maravi-nyasaland-malawi-oder-afrikas-warmes-herz (ursprünglich auf RadioAfrikaTV veröffentlicht).

[10] Aus “Seven Years in South Africa“ (also der engl. Übersetzung), Bd.2, p.460, Zeichnung von Johann Varrone, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Seven_Years_in_South_Africa,_page_460,_narrow_escape_near_Cradock.jpg.

[11] Das Original ist tschechisch. In Unkenntnis davon wurde der englischen Übersetzung die deutsche Fassung zugrunde gelegt.

[12] Foto Bernard Gagnon 20.11.2017, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Victoria_Falls,_Zimbabwe_01.jpg.

[13] Foto Krzysztof Błażyca 25.11.2013, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Victoria_Falls_(Mosi_oa_Tunya)_Krzysztof_B%C5%82a%C5%BCyca_2011_P02.jpg.

[14] Aus dem Buch “ Von der Capstadt ins Land der Maschukulumbe“, ZeichnerIn unbekannt, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rosa_Hof,_1883_(cropped).jpg.

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