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Das Gemeinwohl

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Foto: Baobabs sind nicht korrumpierbar. Hier ein besonders prächtiger in der burkinischen Trockenzeit [1]

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Das Gemeinwohl
oder
Staaten sind zum Schröpfen, zum Tüchtigzulangen da

* * *

Günther Lanier, Ouagadougou 22.2.2023[2]

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“Korruption hat eine direkte politische Auswirkung. Sie trägt zum Erfolg des gewaltsamen Extremismus bei, dessen VerfechterInnen die Rückkehr zu moralischen und religiösen Prinzipien propagieren, was unter den vom System des Umverteilens Ausgeschlossenen seine Wirkung nicht verfehlt.“[3]

Von Korruption profitieren vor allem Bessergestellte – du brauchst zumindest ein bisschen Macht, damit du dein Entgegenkommen verkaufen kannst. NettozahlerInnen sind diesbezüglich diejenigen, die nichts zu verkaufen haben.

Ich habe oben den ivorischen Soziologieprofessor der Bouaké-Universität Francis Akindès zitiert. Es war zudem der Titel seines Artikels, der mich zu meinem inspiriert hat, auch wenn mir keine direkte Übersetzung ins Deutsche gelingen wollte: “l’État, ça se vole et ça se mange“ – also “der Staat, der ist zum Bestehlen und zum Essen da“. Dabei denke sicher nicht nur ich an Jean-François Bayart’s Klassiker “Der Staat in Afrika: Die Politik des Bauches“[4], in dem es freilich um sehr viel mehr als um Korruption geht.

Ich will diesmal ohne viel Theorie und Analyse Korruption in Afrika darstellen. In diesem Zusammenhang wird meist der Transparency International-Index zitiert, dessen Letztversion am 31. Jänner 2023 der Öffentlichkeit unter dem Namen Corruption Perceptions Index 2022 vorgestellt wurde und der 180 Länder inkludiert. Wie wir nicht erst seit dem Abgang unseres kurzen Bundeskanzlers wissen, ist das Phänomen – anders als meine Kolumne hier – ja keineswegs auf Afrika beschränkt.

Ich habe diesen Index schon einmal in einem Artikel behandelt[5], aber das ist viereinhalb Jahre her und damals war er nur ein Index unter mehreren. Heute steht er hier für sich allein & somit im Zentrum.


Der Sitz von Transparency International im 5. Stock von Alt-Moabit 96, 10559 Berlin[6]

Transparency International ist eine internationale NGO, die 1993, also vor 30 Jahren, vom Juristen und langjährigen Weltbank-Mitarbeiter Peter Eigen und neun anderen[7] gegründet wurde. Ihr Sitz ist in Berlin. Es handelt sich um einen Dachverband mit Mitgliedsorganisationen in mehr als hundert Ländern, den sogenannten National Chapters (nationale Kapitel[8]), die sich in ihren jeweiligen Ländern um den Kampf gegen Korruption bemühen. Neben dem Korruptionswahrnehmungsindex publiziert Transparency International auch regelmäßig einen Bribe Payers Index (BestechungszahlerInnen-Index) sowie ein “Globales Korruptionsbarometer“.

Konzipiert und bis 2008 im Auftrag von Transparency International erstellt hat den Korruptionswahrnehmungsindex der Passauer Ökonomieprofessor Johann Graf Lambsdorff[9].


Afrika im Korruptionswahrnehmungsindex [10]

Der Korruptionswahrnehmungsindex weist einen Wert zwischen 0/schlechtestmöglich und 100/bestmöglich aus. Nach derzeitigem Stand ist Dänemark mit 90 das am wenigsten korrupte Land der Welt, Somalia mit 12 das korrupteste. Hier die Farbskala der Karte oben:

Der Index[11] weist Korruption im öffentlichen Sektor des jeweiligen Landes aus, wie Geschäftsleute und ExpertInnen sie wahrnehmen. Zugrunde liegen 13 Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen[12], darunter die Weltbank, das Weltwirtschaftsforum, die Bertelsmann-Stiftung und Risikoagenturen.

Hier die Ergebnisse für die 55 Staaten Afrikas in tabellarischer Form – zum Vergleich auch die Rangordnung vor fünf Jahren[13]:




[14]

Am besten schneiden die Seychellen, Botsuana und Cabo Verde ab.

Doch seien wir vorsichtig. Der Index steht für einen elitären, businessfreundlichen Blick auf Korruption. Die oben erwähnte Auswahl seiner Quellen macht das auch zur Genüge deutlich. Im Fokus stehen die passiv Korrupten, also die Bestochenen, und nicht die aktiv Korrupten, also nicht die BestecherInnen.

Der Korruptionswahrnehmungsindex ist auch in anderer Hinsicht unter Beschuss gekommen, einerseits, was Methodologie und Parteilichkeit betrifft, andererseits aber auch wegen intransparenter Buchführung, Einfluss von politischer Seite (deutsches Entwicklungsministerium, GTZ) und von Großkonzernen.


Die Welt aus Korruptionswahrnehmungsindex-Sicht Anfang 2023 [15]

Einem jeden Index gegenüber ist Vorsicht und Skepsis geboten[16]. Für den Korruptionswahrnehmungsindex stimmt das offensichtlich in erhöhtem Maß. Der erste Schritt ist immer, in Erfahrung zu bringen, was der Index aussagt und wie er konstruiert ist.

Aus afrikanischer Sicht wünschenswert wäre vor allem ein Aufdecken dessen, wieviel und welcher Schaden der Allgemeinheit durch Bestechung und Korruption entsteht.

* * *

Endnoten:

[1] Wenig südlich der Hauptstadt Ouagadougou. Foto GL 10.1.2017, Dieses Bild ziert auch die Homepage meiner Webseite https://www.africalibre.net/, wo insbesondere alle Artikel zu finden sind, die ich je geschrieben habe.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Francis Akindès, Corruption: l’État, ça se vole et ça se mange, Jeune Afrique 10.4.2022, Übersetzung GL, https://www.jeuneafrique.com/1332224/politique/corruption-letat-ca-se-vole-et-ca-se-mange/.

[4] Der ist meines Wissens nie ins Deutsche übersetzt worden : Jean-François Bayart, L’Etat en Afrique : La politique du ventre, Paris (Fayard) 1989. Auf Englisch heißt er “The State in Africa: The Politics of the Belly” und ist 1993 bei Longman in London und New York herausgekommen.

[5] Günther Lanier, Wer ist die Erste? Und wer ist der Schönste in ganz Afrika? Ouagadougou (Africa Libre) 3.10.2018, https://www.africalibre.net/artikel/306-wer-ist-die-erste-und-wer-ist-der-schonste-in-ganz-afrika bzw. Wien (Radio Afrika TV) 3.10.2018 – auf der Radio Afrika-Webseite aber leider nicht mehr verfügbar.

[6] Foto HdeK 10.5.2012, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Transparency_International_Berlin.jpg.

[7] Die neun sind Hansjörg Elshorst, Joe Githongo, Fritz Heimann, Michael Hershman, Kamal Hossain, Dolores L. Español, George Moody Stuart, Jerry Parfitt, Jeremy Pope, Frank Vogl.

[8] Transparency International Austria sitzt z.B. in 1100 Wien, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 1, Transparency International Germany in 10119 Berlin, Alte Schönhauser Straße 44, Transparency International Switzerland in 3001 Bern, Schanzeneckstraße 25. Siehe https://www.transparency.org/en/our-national-chapters.

[9] Nicht zu verwechseln mit dem früheren FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff oder dem FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff. Ich weiß nicht, wie nahe die drei verwandt sind.
Ökonomie-Professor an der Universität Passau ist Johann Graf Lambsdorff seit 2003. Davor war er an der Universität Göttingen tätig, zuletzt als Privatdozent.

[10] Ausschnitt der von ConnerMiner am 1.2.2023 nach https://www.transparency.org/en/cpi/2022 gezeichneten Karte, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Countries_by_Corruption_Perceptions_Index_(2022).svg. Die Westsahara hat ConnerMiner Marokko einverleibt – Transparency International stuft sie unter “no data“ ein.

[11] Zur Methodologie siehe Transparency International, Corruption Perceptions Index 2022, Berlin Jänner 2023, p.15, herunterladbar auf https://www.transparency.org/en/cpi/2022.

[12] Nicht für alle Länder sind diese verfügbar – mindestens müssen es drei sein, damit ein Land erfasst wird.

[13] Der 2017er Korruptionswahrnehmungsindex ist im Februar 2018 herausgekommen.

[14] Erstellt auf Grundlage von Transparency International, Corruption Perceptions Index 2022, Berlin Jänner 2023, pp.2f, herunterladbar auf https://www.transparency.org/en/cpi/2022 für die rezenten Werte und Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, Berlin Februar 2018, pp.4-5, https://www.transparency.org/en/cpi/2017 für 2017.

[15] Siehe die Bemerkung zur Westsahara oben. Hochgeladen von https://www.transparency.org/en/cpi/2022 von ConnerMiner am 1.2.2023, Hintergrundfarbe verändert von GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Countries_by_Corruption_Perceptions_Index_(2022).svg.

[16] Siehe dazu auch meine allgemeinen Bemerkungen zu Indizes im erwähnten Artikel Günther Lanier, Wer ist die Erste? Und wer ist der Schönste in ganz Afrika? Ouagadougou (Africa Libre) 3.10.2018, https://www.africalibre.net/artikel/306-wer-ist-die-erste-und-wer-ist-der-schonste-in-ganz-afrika.

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