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Afrikas Welterbe und der Klimawandel

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Foto: Sine Saloum-Nationalpark, Senegal[1]

* * *

Günther Lanier, Ouagadougou 2.3.2022[2]

* * *

Schuld sind die “hochentwickelten“ Länder – sie haben den globalen Klimawandel verursacht. Der Beitrag des Globalen Südens zu Treibhauseffekt und Anstieg des Meeresspiegels war und ist klein. Die Folgen aber treffen die Satte Welt deutlich weniger, sie kann sich besser schützen.

Wir wissen heute, dass die ökonomischen und sozialen Auswirkungen dramatisch sein werden. Eine am 10. Februar 2022 publizierte Studie[3] versucht, die Auswirkungen des Klimawandels auf Afrikas Weltkultur- und Weltnaturerbe einzuschätzen. Schon jetzt sind 20% der afrikanischen Welterbestätten gefährdet. Bis 2050 wird dieser Anteil auf 70% steigen. Davon, wie sehr es der Weltgemeinschaft gelingt, gegenzusteuern und den Temperaturanstieg einzudämmen, wird das Ausmaß der Gefährdung abhängen[4].

Was die Details der Methodologie (im Wesentlichen wurden Karten “übereinandergelegt“ – die der Welterbestätten und die der erwarteten Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs, nach Szenarien unterschieden) und was die Details der Ergebnisse betrifft, so verweise ich des Englischen mächtige LeserInnen auf die Studie selbst oder auf ihre Zusammenfassung in einem The Conversation-Artikel[5].

Ich beschränke mich hier darauf, in der Studie als besonders gefährdet ausgewiesene afrikanische Welterbestätten zu präsentieren.

 [6]

Das 1.800 km2 große Sine Saloum-Delta erstreckt sich über 70 km entlang der senegalesischen Atlantikküste und 35 km ins Land hinein, es liegt nördlich von Gambia. 2011 wurden 145.811 ha davon (also vier Fünftel), zum Unesco-Weltnaturerbe ernannt. Schon 1976 war ein Nationalpark geschaffen worden, der aber nur 76.000 ha umfasst.

Über 200 Inseln und Inselchen gibt es hier, das Delta beherbergt einen der bedeutendsten Mangrovenbestände Westafrikas, zudem Trockenwälder und es ist sehr reich an Tieren, insbesondere an Vögeln. Reichtum an Fischen und Schalentieren haben seit langem menschliche Besiedlung ermöglicht. Muscheln wurden angehäuft, manche der 218 Muschelhügel sind mehrere hundert Meter lang, auch Muschel-Inseln gibt es. 28 dieser Hügel wurden für Begräbnisse genutzt und diese Tumuli bargen auch für ArchäologInnen aufschlussreiche Grabbeigaben[7].

 [8]

Etwas weiter südlich, im Gambia-Fluss unweit seiner Mündung ins Meer, liegt die Kunta Kinteh-Insel. Bis 2011 war sie als James Island bekannt, dann wurde sie umbenannt. Laut Alex Haleys auch verfilmtem Roman “Wurzeln“ (Roots, 1976) war sein Urahn Kunta Kinteh 1767 auf diese Insel nach Maryland eingeschifft worden.

 [9]

Von dem früheren, dem SklavInnenhandel dienenden Fort ist heute nicht mehr viel übrig. Hier eine Zeichnung des Forts aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

 [10]

Hier ein Blick von der heute baobabdominierten Insel auf den Fluss.

 [11]

In Algerien und in Ägypten gibt es in unmittelbarer Nähe des Mittelmeeres Seen, die vom Klimawandel bedroht sind.

Beim Schwarzen See handelt es sich um ein 5 ha großes, 4.000 Jahre altes Torfmoor in der Nähe von El-Kala im äußersten Nordosten Algeriens, nahe der Grenze zu Tunesien

 [12]

Der hier 1983 eingerichtete Nationalpark beherbergt 450 Vogel-, 305 Säugetier-, 193 Fisch-, 138 Amphibien- und 40.000 Pflanzenarten.

 [13]

Beim Tonga-See samt Umgebung handelt es sich um Nordafrikas bedeutendstes Brutgebiet für Vögel. In der Zeit der französischen Kolonie hatte das Graben eines Kanals seine Ausdehnung um die Hälfte reduziert.

 [14]

Im Nildelta liegt der Burullus-See. Ein 5 km breites Stück Land trennt diesen Brackwassersee vom Mittelmeer, mit dem ihn ein ungefähr 250m breiter und 5m tiefer Kanal verbindet.

 [15]

Ungefähr 50 kleine Inseln gibt es in dem 46.200 ha großen, durchschnittlich 75cm bis 1m tiefen See.

 [16]

Den Namen hat er von der antiken Hafenstadt Burullus. Ein Kanal verband ihn einst mit dem Rosetta-Arm des Nils.

 [17]

Zum Abschluss noch einmal nach Algerien – dieses Mal zurück in die römische Zeit.

[18]

Tipasa, heute eine Kleinstadt, war einst ein bedeutender Hafen. Eine phönizische Gründung, die kurz nach der christlichen Zeitenwende in römischen Besitz überging.

 [19]

Früh christianisiert und auch Bischofssitz, flohen Ende des 5. Jhdts viele ChristInnen vor Verfolgungen nach Spanien. Nach der Wiedereroberung durch Byzanz kam es ein paar Jahrhunderte später zum endgültigen Niedergang. Erst 1857 wurde das moderne Tipasa gegründet.

 [20]

In der Studie, die meinen heutigen Artikel angeregt hat, werden noch zwei weitere Welterbestätten als besonders gefährdet angeführt: der Diawling-Nationalpark im äußersten Südwesten von Mauretanien, an der Grenze zu Senegal; und die Zone der archäologischen Stätten im nördlichen Sinai in Ägypten. Zu diesen habe ich leider keine gemeinfreien Fotos gefunden.

Bemerkenswert am Diawling-Nationalpark ist insbesondere seine Biodiversität. Wie eine schmale Halbinsel ragt die Erde hier gen Süden, im Westen den Gezeiten und Stürmen des Atlantiks, im Osten den Hoch- und Niedrigwassern des Senegal-Flusses ausgesetzt[21].

Die heute zwischen Suez-Kanal und Gaza gelegene “Zone der archäologischen Stätten im nördlichen Sinai“, wo im Wadi al-Zulma eine Höhle mit Felsenkunst und Überreste einer antiken Siedlung entdeckt worden sind[22], war vor langer Zeit schon ein wichtiger “highway” zwischen Ägypten und Kanaan[23], auch auf Eroberung erpichte Armeen zogen hier durch – ägyptische, persische, griechische, römische…

Noch heute herrscht viel zu viel Krieg.

Warum stellen sich NATO, Moskau und EU dumm und tun so, als hätten sie nicht verstanden, dass der eigentliche Feind der von den Reichen dieser Welt verursachte Klimawandel ist? Da wird doch nicht etwa das System schuld sein…

Gegen diese Zerstörung unserer aller Lebensgrundlage gilt es aufzurüsten.

* * *

Endnoten:

[1] Foto NASA 2000, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Saloum_Islands.jpg.

[2] Petra Radeschnig gilt – wie stets – mein herzlicher Dank fürs Lektorieren!

[3] Michalis I. Vousdoukas, Joanne Clarke, Roshanka Ranasinghe, Lena Reimann, Nadia Khalaf, Trang Minh Duong, Birgitt Ouweneel, Salma Sabour, Carley E. Iles, Christopher H. Trisos, Luc Feyen, Lorenzo Mentaschi, Nicholas P. Simpson, African heritage sites threatened as sea-level rise accelerates. Nature Climate Change 2022, https://www.nature.com/articles/s41558-022-01280-1.

[4] Die Zahl der gefährdeten Welterbestätten beträgt derzeit 56. Wie sehr der Klimawandel eingebremst werden kann, hat wenig Einfluss auf die Zahl der von der Studie für 2050 prognostizierten gefährdeten Welterbestätten – unter günstigen Annahmen werden es 191, unter dem ungünstigsten angenommenen Szenario 198 sein. Der Grad der Gefährdung unterscheidet sich jedoch drastisch.

[5] Joanne Clarke, Lena Reimann, Michalis Vousdoukas, Nicholas P. Simpson, Rising sea levels may threaten 70% of Africa’s heritage sites by 2050, The Conversation 27.2.2022, https://theconversation.com/rising-sea-levels-may-threaten-70-of-africas-heritage-sites-by-2050-177385.

[6] Saloum-Delta-Nationalpark, Foto United States Geological Survey o.D.; überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Saloum.gif

[7] Siehe https://whc.unesco.org/en/list/1359.

[8] Ein Schakal im Saloum-Delta, Foto John Crane 2.1.2019, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Saloum_Delta_022_(39668758883).jpg.

[9] Die Kunta Kinteh-Insel vom Gambia-Fluss aus, Foto Jose Canedo “vor 2005“, überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:River_gambia_galleryfull.jpg.

[10] Blick auf die Insel ist aus NNW; aus dem 1738 veröffentlichten Buch von Francis Moore “Travels into the inlands of Africa“, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sketch_of_James_Island,_Gambia.png.

[11] Foto tjabeljan 10.1.2011, leicht überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GambiaRoots038_(5418486730).jpg.

[12] Foto Hoylen NM 21.4.2016, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lac_Noir,_El-Kala,_El-Tarf.jpg.

[13] Tonga-See, Foto Mamed 69 im Jahr 2010, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lac_tonga_el_kala.JPG.

[14] Foto Ilostman 23.3.2012, leicht zugeschnitten GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Parc_National_d%E2%80%99El-Kala_8.JPG?uselang=fr.

[15] Foto Myousry6666 am 23.2.2019, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fishers_and_small_island_in_Lake_Burullus_-_Egypt.jpg.

[16] Foto Mohamedwardany 23.2.2019, überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:%D9%88%D8%B3%D8%A7%D8%A6%D9%84_%D8%A7%D9%84%D9%86%D9%82%D9%84_%D8%A8%D8%A7%D9%84%D8%AC%D8%B2%D9%8A%D8%B1%D8%A9.jpg.

[17] Foto Mohamed Mostafa Abdelraheem 24.2.2018, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Burullus_Lake.jpg.

[18] Foto Maria Gropa/Unesco o.D., überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tipasa-109058.jpg.

[19] Foto Fayeq M.Alnatour 22.10.2017, überarbeitet GL, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tipasa_Ancient_City.jpg.

[20] Foto Fayeq M.Alnatour 22.10.2017, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tipasa_Hisrorical_City_Algeria.jpg.

[21] Siehe die Webseite des Nationalparks: http://www.pnd.mr/pnd/.

[22] Publik gemacht wurden die Entdeckungen 2020. Siehe – inklusive Fotos, auch wenn sie nicht wirklich scharf sind – z.B. https://english.ahram.org.eg/NewsContent/9/40/368014/Heritage/Ancient-Egypt/Ancient-cave-with-distinguished-engravings-depicti.aspx oder https://egyptindependent.com/photos-archaeologists-uncover-ancient-cave-in-north-sinai/.

[23] So die Unesco in ihrer enttäuschend kurzen Beschreibung auf https://whc.unesco.org/en/tentativelists/189/.

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